Es mag sich heute leicht der Eindruck einstellen, dass in den fortgeschritteneren Gebieten der Erde für Religionen, wie wir sie bisher kennen, Spätherbst, wenn nicht gar Winter angebrochen ist, auch wenn in einigen Regionen des Planeten in ihre welken Ballone noch die Heißluft politischer Agenden geblasen wird. Doch auf diese Art entsteht allenfalls eine künstliche, umstandsbedingte Religiosität, die kurzfristig eine kollektive Identität erzeugen und den Widerstandsgeist anfeuern mag, aber ihren Anlass gewöhnlich nicht lange überdauert. Natürlich kann man auch im Winter überleben, aber es ist meist eine fruchtlose Zeit. Was kann unter diesen Bedingungen Religion noch leisten? Wie hätte eine Religion auszusehen, die überhaupt noch etwas leisten kann, außer Flaggen und Parolen für im Grunde machtpolitisch motivierte Kulturkämpfe zu liefern? Auf diese Frage soll hier eine Antwort versucht werden. Dabei werden zunächst Entwicklung und Ergebnisse der bis in jüngste Zeit in Europa dominierenden Religion, des Christentums, bilanziert, vor allem mit Blick auf die Haltungen und Einstellungen, die es in den Menschen herangebildet hat. Die Defizite, die es dabei hinterließ, bilden die Herausforderungen, denen sich eine neue Religion zu stellen, die sie gegebenenfalls abzuarbeiten hat Mehr noch aber hat eine neue Religion uns neue Ziele zu setzen, um die Chancen zu nutzen, die sich aus dem Stand der geschichtlichen Entwicklung ergeben, und so unserem Leben eine zusätzliche Bedeutung zu verleihen. Bei dieser Aufgabe wird sie uns dann auch über die Märchenwelt erbaulicher Fabeln sowie die Dienstpflichten eines moralischen Zuchtmeisters hinausführen, um schließlich völlig neue Wege einzuschlagen: Wege zu einer reifen Religion - einer Religion für Reife.weiterlesen