Orientiert an Begriffen und Hypothesen der Kultursoziologie Max Webers und Pierre Bourdieus, untersucht die vorliegende Studie die Sozialrelevanz von Ideen und die Wirkungschance von Intellektuellen in Ereignis- und Handlungskonstellationen der deutschen und französischen Geschichte vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Ausgehend von der Macht der Worte und der Macht, die über Worte erlangt werden kann, problematisieren die Konstellationsanalysen die Rolle des Intellektuellen als Vordenker und Vermittler von Deutungs-, Wahrnehmungs- und Klassifikationsschemata der sozialen Welt. Sie rekonstruieren politische Interventionsstrategien sowie Distinktions- und Definitionskämpfe um das Mandat des Intellektuellen.
'Eingreifendes Denken', ein von Bertolt Brecht geprägter Begriff, wurde als Titel gewählt, weil er das Erkenntnisinteresse der Studie pointiert: die Veränderung von Einstellungen, Verhaltensdispositionen und politischem Handeln durch die Veränderung von Deutungs-, Wahrnehmungs- und Klassifikationsschemata der sozialen Welt. Die Konstellationsanalysen akzentuieren die symbolische Macht, Dinge mit Worten zu schaffen, zeigen jedoch zugleich, daß die Konstitutionsmacht der Worte sozial konditioniert ist. Sie schreiben sich nicht in die Tradition einer Ideen-, Geistes- oder Diskursgeschichte ein, die Ideen zu Akteuren der Geschichte macht oder Handeln in Sprechakte auflöst, sondern unternehmen den Versuch, an ausgewählten historischen Fallbeispielen die Vernetzung von ideellen und materiellen Interessen, Sinn- und Handlungsstrukturen, Macht- und Definitionskämpfen sichtbar zu machen. Die Konstellationsanalysen zeigen Spuren des Eingreifenden Denkens, das nur auf der Mikroebene erfaßt, multiperspektiv erschlossen, analytisch gebrochen, erzählt und damit 'narralytisch' rekonstruiert werden kann.weiterlesen