Fürsorge und Eugenik in zwei Schweizer Städten (1920–1950)
Produktform: Buch
Eugenische Denk- und Handlungsmuster waren in der Schweiz anfangs des 20. Jahrhunderts stark vertreten. Bis weit in die 1930er Jahre kam der Schweiz im internationalen Vergleich in der Umsetzung eugenisch motivierter Massnahmen eine Vorreiterrolle zu. Aktuelle Forschungen zur Eugenik konzentrieren sich vor allem auf die Psychiatrie. Das Verhältnis fürsorgerischer Behörden zur Eugenik wurde bisher noch kaum untersucht, obwohl gerade das Zusammenspiel von Fürsorge, Medizin und Psychiatrie die Macht auf Seiten der Professionellen sowie die Abhängigkeit auf Seiten der Betroffenen verstärkte.
Das Kernstück dieses Buches bilden Fallanalysen. Dabei handelt es sich um Fallgeschichten, in denen Fachleute aus Fürsorge und Psychiatrie in das Leben von Menschen eingriffen. Sie handeln von Menschen, die in existentiellen Krisen unter die Kontrolle beziehungsweise in die Behandlung von Expertinnen und Experten gerieten. Das dabei gegebene Machtgefälle schuf Situationen, in denen Druck ausgeübt, Spielräume eingeengt und die formale Freiwilligkeit ausgehöhlt werden konnten. Die Untersuchung in den Städten St. Gallen und Bern führt vor Augen, wie sich eine eugenisch motivierte Praxis unter unterschiedlichen sozialstrukturellen Voraussetzungen ausgestaltete. Eugenische Praxis in der Schweiz wird erstmals in ihrer regionalen Differenzierung sowie in ihrer Wirkung zwischen Medizin, Psychiatrie und Fürsorge diskutierbar.weiterlesen