Einsatzplanung von Mehrpunktziehanlagen auf einfachwirkenden Pressen
Dissertation Lutz Klose, Berichte aus dem IWU, Band 23
Produktform: Buch
Das Hauptziel dieser Arbeit besteht in der weiteren Durchdringung der komplexen Vorgänge und Abläufe beim Tiefziehen insbesondere beim Einsatz direkt-aktiv wirkender Kissensysteme (Mehrpunktziehtechnik) und elastischer Werkzeugelemente im Sinne einer effizienteren Einsatzplanung. Dazu wurden theoretische und praktische Methoden zur Bestimmung und Optimierung von lokalen Niederhalterdrücken und -krafteinstellungen für Tiefziehvorgänge entwickelt und auf ihre Tauglichkeit in der praktischen Anwendung geprüft. Im Mittelpunkt stand die Möglichkeit einer Vorabvisualisierung der Prozessabläufe beim Tiefziehen mit und ohne Mehrpunktziehtechnik auf einfachwirkenden Tiefziehpressen insbesondere für nichtrotationssymmetrische Werkstücke.
Nach einer Analyse bestehender Methoden der konventionellen Niederhalterkraftberechnung und deren Anwendungsgrenzen für nichtrotationssymmetrische Werkstücke sowie der Darstellung des Handlungsbedarfes, erfolgte eine Klassifizierung der Ziehkissensysteme einfachwirkender Pressen und zugehöriger Werkzeuglösungen nach ihrer Systemwirkung und dem Fluss der Niederhalterkräfte in den Blechflansch.
Auf der Basis experimenteller Untersuchungen wird die technologische Wirkung unterschiedlicher, maschinengebundener Tiefziehtechniken an Modellwerkstücken nachgewiesen. Es wurde ein direkter Vergleich zwischen Tiefzug mit quasistarrem und elastischen Niederhalter (direkt wirkend, passiv) und Mehrpunktziehen mit elastischem Niederhalter (direkt wirkend, aktiv) mit einem konventionellen und einem höherfesten Tiefziehstahl an einem Demonstratorwerkstück durchgeführt und die Ergebnisse analysiert. Ziel war es, die Ursachen für differierende Verfahrensgrenzen zu ermitteln und die Abläufe des Tiefziehprozesses, insbesondere des Werkstoffflusses transparenter zu machen. Bewertete Parameter waren die Verfahrensgrenze "Reißer", die Formänderungen in Blechdickenrichtung im Ziehflansch, der Einlauf des Ziehflansches und die maximale Deformation des eingesetzten Niederhaltersystems während des Tiefzuges.
Dabei konnte der Nachweis technologischer Effekte des Mehrpunktziehens erbracht und deren Ursachen ermittelt werden. Die größten erreichbaren Ziehtiefen wurden bei sonst konstanten Prozessparametern (Gesamtniederhalterdruck, Ziehverhältnis, tribologische Bedingungen) mit einem elastischen Niederhalter und Mehrpunktziehtechnik erzielt. Die wesentlichsten Unterschiede zeigten sich dabei in den lokalen Werkstoffverteilungen und einem differierenden Werkstofffluss in Zonen tangetialer Stauchung. Diese Aufdickungsbereiche im Ziehteilflansch bilden die tatsächlichen Kontaktflächen zu Niederhalter und Matrize während des Ziehprozesses und sind damit direkt mit dem lokal wirkenden Niederhalterdruck in Verbindung zu bringen.
Untersuchung im Serienbetrieb eines Presswerkes gaben Aufschluß über Funktion, Wirkung und Potenzial von bereits im Einsatz befindlichen Mehrpunktzieheinrichtungen.
Die Eignung von komplexen FEM-Berechnungen für die Auslegung und Optimierung von konventionellen Tief- und Mehrpunktziehprozessen konnte mit einer sehr guten Übereinstimmung von theoretischen (FEM) und experimentellen Ergebnissen (Messungen an Tiefziehteilen, Abdrücke mit Druckmessfolien) in der Arbeit nachgewiesen werden. Abschließend wird beispielhaft für eine einfache Ziehteilgeometrie eine Pinolenkraft-Ersteinstellung für das Mehrpunktziehen ausgeführt und die hinterlegte Methode grafisch zusammengefasst.
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