Empathie im Gespräch
Eine interaktionslinguistische Perspektive
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Welche kommunikativen Verfahren verwenden GesprächsteilnehmerInnen, um Empathie darzustellen? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, werden Erzählungen persönlicher Erlebnisse in deutschen Alltags- und Radiogesprächen untersucht. Die theoretisch-methodische Grundlage der Arbeit bilden Konversationsanalyse, Interaktionale Linguistik und Multimodalitätsforschung. Phänomene des sozialen Miteinanders wie Empathie, Verstehen, Verständnis und Affektivität werden als interaktional hervorgebrachte Darstellungen analysiert, so wie GesprächsteilnehmerInnen sie füreinander konstruieren und interpretieren.
Unter kommunikativen Verfahren werden Verwendungsweisen von Bündeln verbaler, vokaler und kinetischer Ressourcen verstanden, die in bestimmten sequentiellen Positionen die Interpretation spezifischer Handlungen nahe legen. Es wird gezeigt, dass InteraktionsteilnehmerInnen systematisch auf verschiedene semiotische Ressourcenbündel zurückgreifen, um unterschiedliche Spielarten von Empathie darzustellen. Die Analyse hat ergeben, dass Empathiedarstellungen in zwei Dimensionen verortet werden können: Verstehensorientierung und Affektorientierung. Die Dimension der Verstehensorientierung umfasst kommunikative Verfahren, durch die die TeilnehmerInnen sozialemotionales Verstehen/Verständnis nahe legen. Dazu gehören u.a. das Anerkennen einer emotionalen Situation, das Anzeigen, verstehen zu wollen oder nachvollziehen zu können, Verstehen behaupten und bekunden. Für diese verstehensorientierten Verfahren werden explizite lexiko-syntaktische Ressourcen wie Ausdrücke mit mentalen Verben (z.B. ‚das versteh ich‘,‚das kann ich mir vorstellen‘)
oder auch implizitere Ressourcen wie Formulierungen, Generalisierungen oder zweite Erzählungen verwendet. Die Dimension der Affektorientierung umfasst Verfahren der Affektreziprozierung, die mit den alltagsweltlichen Begriffen Mitfühlen, Mitleiden, Mitfreuen, Betroffenheit zeigen und Anteilnehmen beschrieben werden können. Verfahren der Affektreziprozierung konstituieren sich oftmals aus Ressourcen, die indexikalischer Natur sind, z.B. Gesichtsausdrücke, die ein ‚Mitgehen‘ nahe legen. Diese indexikalischen Ressourcen können auch Äußerungen, die auf Grund ihres lexikosemantischen Gehalts keine Affektorientierung aufzeigen, eine affektorientierte Dimension verleihen (z.B. prosodisch-phonetisch ‚mitfühlend’ gerahmte weiterführende Fragen). All diese kommunikativen Verfahren sind kontextsensitiv, d.h. sie werden im Verlauf einer Erzählung persönlicher Erlebnisse an spezifischen sequenziellen Positionen und im Hinblick auf die Herstellung spezifischer Interaktionskontexte und sozialer Rollen (z.B. Freund/Freundin, Moderatorin/Anrufer) verwendet.
Empathie wird hier als beobachtbares Phänomen tatsächlicher Lebenswelt beschrieben. Diese interaktionslinguistische Perspektive leistet nicht nur einen empirischen Beitrag zur konversationsanalytischen Affektivitätsforschung. Sie bereichert darüber hinaus die aktuelle disziplinübergreifende Empathieforschung.weiterlesen
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