Erbschaftsteuerliche Probleme und Gestaltungsmöglichkeiten bei grenzüberschreitenden Erbfällen
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Durch die zunehmende Internationalisierung des Lebenswandels der Menschen hat die steuerliche Behandlung der Folgen von grenzüberschreitenden Aktivitäten sowie deren Verteilungs- und Entscheidungswirkungen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dabei hat sich das Interesse von Wissenschaft und Praxis auf die ertragsteuerlichen Konsequenzen konzentriert, während die aus internationalen Erb- und Schenkungsfällen resultierenden steuerlichen Probleme und Gestaltungsmöglichkeiten nur in geringem Maße gewürdigt wurden. Soweit dies überhaupt der Fall ist, wird die Diskussion vom steuerrechtswissenschaftlichen Schrifttum beherrscht. Vor diesem Hintergrund ist die von Stefan Kardekewitz vorgelegte Arbeit grundsätzlich, aber auch deshalb zu begrüßen, weil sie unilaterale und bilaterale Maßnahmen zur Vermeidung (internationaler) Doppelbesteuerungen sowie die Möglichkeiten und Grenzen der internationalen Erbschaftsteuerplanung unter Anwendung formaler, sprich quantitativer Methoden analysiert.
Stefan Kardekewitz entwickelt ein Modell zur Analyse der im deutschen Erbschaftsteuerrecht verankerten unilateralen Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung: der Anrechnungs- und der Abzugsmethode. Mit diesem Modell können die Belastungswirkungen der genannten Methoden in Abhängigkeit von variierenden Rahmenbedingungen ermittelt werden. Dabei wird differenziert zwischen im Inland und im Ausland belegenen Vermögensteilen, zwischen unterschiedlichen Vorschriften zur Einbeziehung von Vermögensteilen, hier insbesondere im Ausland belegenen, sowie zwischen unterschiedlichen Wertansätzen für die betroffenen Vermögensteile. Hieraus resultiert eine Vielfalt an möglichen Konstellationen hinsichtlich des Zusammenwirkens relevanter Einzelvorschriften, die zudem vom Umfang der Steuerpflicht in den beteiligten Ländern sowie vom Ausmaß der Begrenzung der Anrechnung abhängen. Durch die Formalisierung der relevanten Vorschriften gewinnt der Verfasser eine ganze Reihe interessanter Ergebnisse.
Im Zuge der Analyse der bilateralen Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zeigt Stefan Kardekewitz die Schwächen des OECD-Musterabkommens auf. Probleme ergeben sich insbesondere bei Beteiligungen an Personengesellschaften, bei unverteilten Nachlässen und bei Vermächtnissen. In diesen Fällenkannesin Abhängigkeit von der jeweils gegebenen Konstellation von einer Nichtbesteuerung bis zu einer vollen Doppelbesteuerung kommen. In den konkret vorliegenden DBA sind diese Schwächen jedoch wenigstens zum Teil überwunden.
In Konsequenz zu den aufgezeigten und vielfältig begründeten Belastungsunterschieden geht Stefan Kardekewitz schließlich der Frage nach, ob und ggf. in welchem Maße die für diese Belastungsunterschiede ursächlichen in- und ausländischen Regelungen im Erbschaftsteuerrecht durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen ausgenutzt werden können, um die Steuerbelastung bei internationalen Erbfällen und Schenkungen minimieren zu können. Hierzu werden für ein Ausgangsbeispiel und für verschiedene Sachverhalte die optimale Aufteilung des zu übertragenden Vermögens auf zwei Teilübertragungen bestimmt. Selbst die gewählte exemplarische Vorgehensweise liefert nur unter zusätzlichen vereinfachenden Annahmen noch halbwegs übersichtliche Ausdrücke. Hier zeigt sich, mit welchen Schwierigkeiten eine sinnvolle Steuerplanung im internationalen Kontext verbunden ist. Als weitere Übertragungsform wird der Schenkungskauf analysiert. In Abhängigkeit von der Vermögensart ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit gegenüber dem Fall der normalen Schenkung. Weiter wird die Frage untersucht, ob eine Verlagerung des Wohnsitzes in ein anderes Land zu erbschaftsteuerlichen Vorteilen führen kann. Der Verfasser erkennt einen Wohnsitzwechsel als allenfalls langfristig einsetzbares Gestaltungsmittel, bei dessen Planung unbedingt die ertragsteuerlichen Konsequenzen einzubeziehen sind. Auch ein Wechsel der Rechtsform zur Minimierung der Erbschaftsteuerlast kann ohne Berücksichtigung der ertragsteuerlichen Folgen nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Aufgrund der vielfältigen nichtsteuerlichen, insbesondere gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen dürfte der Rechtsformwechsel allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Zudem verweist der Verfasser zu Recht auf die mit einem solchen Wechsel verbundenen Transaktionskosten, welche die erbschaftsteuerlichen Vorteile kompensieren oder sogar überkompensieren können.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Arbeit von Stefan Kardekewitz eine Fülle an wissenschaftlich und praktisch bedeutsamen Erkenntnissen liefert. Aus methodischer Sicht ist hervorzuheben, dass erstmalig eine Arbeit vorgelegt wird, in der durchgängig quantitative Verfahren zur Identifikation und Erklärung erbschaftsteuerlicher Wirkungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eingesetzt werden. Insofern besitzt die Arbeit einen hohen Grad an Innovation. Die teilweise kasuistische Vorgehensweise ist dem Verfasser nicht anzulasten, sie ist vielmehr Ausfluss der ungenügenden Systematik, die im internationalen, insbesondere aber im deutschen Steuerrecht vorzufinden ist (und an der sich in absehbarer Zeit wohl auch nichts ändern wird). Stefan Kardekewitz hat die Notwendigkeit bilateraler Maßnahmen zur Vermeidung erbschaftsteuerlicher Mehrfachbelastungen, wie sie im Ertragsteuerrecht Standard sind, aufgezeigt. Darüber hinaus werden Möglichkeiten und Grenzen der internationalen Erbschaftsteuerplanung transparent gemacht. Er leistet damit einen wichtigen Beitrag zum besseren wissenschaftlichen Verständnis steuerlicher Wirkungen. Ich wünsche dem Buch von Stefan Kardekewitz die Aufmerksamkeit, die es verdient hat.
Rolf Königweiterlesen
Dieser Artikel gehört zu den folgenden Serien
49,80 € inkl. MwSt.
kostenloser Versand
lieferbar - Lieferzeit 10-15 Werktage
zurück