Erich Engelbrecht
Introspektive Bilder
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Erich Engelbrecht (1928–2011) nennt seine Bilder
»introspektiv«. Er führte dazu aus: »Das introspektive
Bild sichtet den Schauplatz der Seele,
das Wikungsfeld der Archetypen, die die
Grundmuster unseres Verhaltens bilden.« Besonders
tiefe Einsichten in das Wesen der Archetypen
verdanken wir C. G. Jung. Nach ihm machen
sie in ihrer Gesamtheit das kollektive menschliche
Unbewußte aus und bestimmen unser
Handeln. Sichtbar werden die Archetypen nur in
Sinnbildern. Solche Konkretisierungen sind die
Werke der symbolbildenden Künstler aller Zeiten.
Die Werke Erich Engelbrechts, ob Graphiken,
Ölbilder, Gobelins, sowie Holzscheiben- und
Stahlfiguren, wirken flächenhaft und abstrakt.
In seinen Stahlfiguren zum Beispiel besteht die
dritte Dimension nur in der Dicke der Stahlplatten.
Seine Werke rücken so in die Nähe der Märchen.
Als »flächenhaft und abstrakt« beschreibt
der Literaturwissenschaftler Max Lüthi in seinem
Buch Das europäische Volksmärchen den Stil der
Märchen, der alles Geschehen auf die Ebene der
Handlung projiziert. So etwa fließt kein Blut, und
man hört keinen Schmerzenslaut, wenn sich die
Schwester den kleinen Finger abschneidet und
mit ihm das Tor zum Glasberg aufschließt, um
ihre dort gefangenen Brüder zu erlösen.
Beide, das Märchen, vor allem das mit gutem
Ausgang, und das erwähnte »introspektive Bild«,
erzählen eine Geschichte und bedienen sich dabei
urtümlicher Bilder. Solch eine geistige Vorgehensweise,
die erzählend mit archetypischen
Bildern wie Wald, Höhle, Meer einen Sinnzusammenhang
schafft, der auf einer menschlichen
Urerfahrung beruht, etwa Reifung, Erkenntnisgewinn,
nennt C. G. Jung ein »archetypisches
Programm«, ein urtümliches Verhaltensmuster,
dem alle Menschen folgen, unabhängig von Rasse,
Kultur oder Anwendungszeitpunkt.
Wie beim Märchen kann beim introspektiven
Bild der Schaffensprozess nur intuitiv-meditativ
sein, eine Versenkung ins Unbewußte. Erich
Engelbrecht hatte keinen Plan, keine Idee für ein
Kunstwerk, sondern ein leeres Blatt oder eine
leere Leinwand vor sich, öffnete sich, wartete
und ließ sich leiten von den Bildern, die dann vor
seiner Seele auftauchten, ein durchaus auch als
quälend, ja seine Existenz bedrohend erlebter
Vorgang. Er fühlte jedoch, wann sein Suchprozeß
zu Ende war, allerdings ohne den Sinn des
so entstandenen Gebildes zu verstehen. Seine
Frau Waltraud Engelbrecht versuchte dann, seine
Bildwerke zu »lesen«, aus Form- und Farbzusammenhängen
einen Sinnzusammenhang herauszuarbeiten,
soweit das bei solchen symbolischen
Gebilden möglich ist.
Renate Vogtweiterlesen
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