Joseph Fouché gilt als Inbegriff für Opportunismus, weil er es schaffte, über Jahrzehnte den gegensätzlichsten Regierungen in Frankreich zu dienen. Stefan Zweig schrieb 1929:„Allen französischen Geschichtsschreibern, ob royalistisch, republikanisch oder bonapartistisch, läuft sofort Galle in die Feder, sobald sie nur seinen Namen hinschreiben. Geborener Verräter, armseliger Intrigant, glatte Reptiliennatur, gewerbsmäßiger Überläufer, niedrige Polizeiseele, erbärmlicher Immoralist – kein verächtliches Schimpfwort wird an ihm gespart.“
Der Spiegel kolportierte 2018: „Als Seehofer in den Neunzigerjahren Gesundheitsminister war, kaufte er sich eine große Kiste des biografischen Romans ‚Joseph Fouché‘ von Stefan Zweig, versah die Exemplare mit einer Widmung und verschenkte sie an Kollegen und Journalisten. Seehofer war fasziniert von Fouché, dem opportunistischen Genie, das nach der Französischen Revolution schnell die Seite wechselte … Fouché war ein Mann ohne Freunde, den mit anderen Menschen nichts verband als Zweckbündnisse auf Zeit. So sieht sich Seehofer bis heute.“
Stefan Zweigs Roman ist bis heute in mehreren Sprachen erhältlich, aber die erstmals 1920 erschienene deutsche Übersetzung von Fouchés „Erinnerungen“ geriet merkwürdigerweise in Vergessenheit. Dabei ermöglichen diese „Erinnerungen“, ungefiltert seiner Darstellung von Ereignissen und Personen, seinen Auslassungen unbequemer Tatsachen und seinen dreisten Verdrehungen zu folgen und dabei seine Schlagfertigkeit und sein sprachliches Vermögen kennen zu lernen.weiterlesen