Obwohl der Lyriker, Übersetzer, Redakteur und Buchhändler Wilhelm Stolzenburg (1879 Wetter an der Ruhr – 1938 Essen) neben Adolf von Hatzfeld, August Stramm oder Gustav Sack einer der ganz wenigen Vertreter der expressionistischen Bewegung aus Westfalen war und zum revolutionären Kreis der Berliner Aktion gehörte, ist er heute völlig vergessen. Seine drei Bücher mit neuromantischen Versen (Gedichte, 1907), anarchistischen „Satiren“ (Caviar für’s Volk, 1907) und subtilen „Umdichtungen chinesischer Lyrik“ (Östlicher Divan, 1925), die nur in kleinsten Auflagen erschienen, zeigen sehr unterschiedliche, fast konträre Facetten eines innerlich zerrissenen Dichters zwischen Tradition und Moderne und ergeben kein einheitliches Bild. Seine expressionistischen Gedichte und Prosastücke aber, die als seine überzeugendsten ästhetischen Leistungen gelten dürfen, veröffentlichte Stolzenburg nur verstreut in den Blättern der Avantgarde, so daß auch sie kein eigenständiges literarisches Profil konturieren konnten. Erst durch die vorliegende Sammlung, die sämtliche überlieferten Werke Wilhelm Stolzenburgs enthält, wird nun erstmals eine gerechte und überprüfbare Beurteilung des zu Unrecht so ganz und gar vergessenen Dichters möglich. Zugleich macht sie deutlich, daß der Anteil westfälischer Schriftsteller an der Entwicklung der Frühen Moderne größer war, als gemeinhin angenommen wird.weiterlesen