Mögen Ideologien auch noch so gegensätzlich sein in der Interpretation des aktuellen Weltzustands – in einem Punkt sind sie sich völlig einig: Es komme darauf an, diesen bestehenden Zustand zu verändern, die Zukunft im je eigenen Horizont neu zu gestalten. Im lauten Streit um das Was des Veränderns wird das Dass des Veränderungswillens vergessen. Neue Interpretationen der Welt und daraus folgend der Ruf nach Veränderung – gleich welchen Inhalts – haben die Frage nach der Wahrheit der jeweiligen Interpretationen verdeckt. Die Versklavung der Wahrheit durch eine Veränderungsmoral ist das heimliche Apriori der Moderne geworden. Wahr ist, was wir tun können, sagte Giambatista Vico. Karl Marx radikalisierte diesen Gedanken zu einer Veränderungsmoral und meinte, dass Philosophen die Welt nur verschieden interpretiert hätten; es käme aber darauf an, sie zu verändern.
Der Blick auf den jeweiligen Inhalt dessen, was es zu verändern gelte, verdeckt völlig die Veränderungshoffnung selbst. Auch die Forderung nach einer Rückkehr zu einem früheren Zustand verbleibt im selben Horizont. Wie Veränderungen in der Philosophie vielfältig vorgestellt wurden, darin die ungedachte Logik in ihrer Struktur und geschichtlichen Herkunft aufzudecken, ist die Aufgabe des vorliegenden Textes. Damit lässt sich auch verstehen, weshalb all die vielen Versuche, die Welt zu verändern, immer wieder in eine unerwünschte Zerstörung bestehender Verhältnisse mündeten. Weltveränderung und Weltzerstörung gehen stets Hand in Hand. Die Gründe dafür aufzudecken, ist das zentrale Anliegen dieses Buches. Es rückt die Wahrheit der Interpretationen wieder in die Mitte menschlichen Erkennens.
Inhalt
1. Vorwort
2. „Es kömmt drauf an …“
2.1 Einleitung
2.2 Solgers Brief und dessen verborgenes Echo bei Marx
2.3 Analyse des Marx’schen Satzes
2.4 Was motiviert menschliches Handeln?
2.5 Destruktive Veränderungen: Revolutionen und Kriege
2.6 Die metaphysische Struktur der Veränderung
2.7 Anthropozentrik des Denkens
2.8 „Arbeit“ als Denkmodell und die Kritik der Metaphysik
3. Der Begriff ‚Arbeit‘ bei Marx
3.1 Die Herkunft des Arbeitsbegriffs
3.2 Der Wandel im Begriff „Arbeit“ bei Marx
3.3 Arbeit, Eigentum, Kommunismus
3.4 „Aufhebung der Arbeit“
3.5 Arbeit als ewige Naturnotwendigkeit
3.6 Theorie des Arbeitsprozesses
3.7 Arbeit als Substanz und Gallerte
3.8 Arbeitsteilung, Maschinerie und die „Aufhebung der Arbeit“
3.9 Marx und Mises – coincidentia oppositorum
4. Moral der Destruktion: Zu Cornelius Castoriadis
4.1 Vorbemerkung
4.2 Zu Trotzki und Varela, sowie zu Castoriadis als Ökonom
4.3 Erkenntnis und das Ding an sich
4.4 Destruktive Weltveränderung
4.5 Einschub: Zum Transhumanismus-Projekt
4.6 Selbstverwandlung der Gesellschaft und das Magma
4.7 Revolution als Veränderungsillusion
5. Die verbliebene Aufgabe der Philosophieweiterlesen