Die Sprache ist an sich eine Theorie, also etwas, das sich zum Theoretisieren eignet. Aber vielleicht weiß man nicht genau genug, was eine Theorie ist. Eine Theorie ist nie etwas Anderes als die Kenntnis des Unterordnungsverhältnisses, das zwischen einer großen Anzahl von einzelnen Fakten und einer kleinen Anzahl – die sich sogar auf eine einzige Einheit reduzieren kann – von allgemein herrschenden Fakten existiert. Nun ist aber eine Sprache genau das: Alle einzelnen, kontingenten, unvorhergesehenen, aus dem Zufall geborenen Fakten, denen sie anscheinend ihr Dasein verdankt, bleiben, ohne dass man dies auf den ersten Blick vermuten kann, abhängig von einer kleinen Anzahl allgemeiner, vorherrschender Fakten. Obwohl diese Fakten viel weniger erkennbar als die einzelnen Fakten sind, machen sie nichtsdestoweniger die wesentlichen, strukturalen Fakten aus: diejenigen also, deren Kenntnis in erster Linie von größtem Interesse sein würde. Nun sind sie aber diejenigen, die im Allgemeinen am längsten unbeachtet bleiben, weil sie a priori wenig erkennbar sind.
Gustave Guillaumeweiterlesen