Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Band 57
Ablösung der Staatsleistungen
Produktform: Buch
Zu den in der Öffentlichkeit am intensivsten diskutierten Themenfeldern des Staatskirchenrechts zählen seit jeher die Kirchenfinanzen. Sie werden vor allem dort kritisch dort hinterfragt, wo sie Resultat staatlichen Leistungshandelns sind. In besonderem Maße gilt dies für die sog. Staatsleistungen, für wiederkehrende Leistungen des Staates an die Kirchen also, die ihren historischen Grund in Rechtstiteln aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung haben und als Ausgleich für die Säkularisation kirchlichen Vermögens dienen.
Der die Staatsleistungen regelnde und gem. Art. 140 GG bis heute fortgeltende Art. 138 Abs. 1 WRV steht im Dienst einer behutsamen Entflechtung der überkommenen Leistungsbeziehungen. Er stellt klar, dass die Staatsleistungen mit der Verfassung in Einklang stehen, nimmt den Ländern die Möglichkeit, sich ihrer ohne Ablösung zu entledigen und sieht vor, dass die Staatsleistungen bis zur Ablösung beibehalten werden. Zugleich verpflichtet er die Landesgesetzgeber auf ihre Ablösung. Allerdings verwehrt er den Ländern, eine Ablösung ohne ein vorheriges Tätigwerden des Bundes vorzunehmen, weil er bestimmt, dass es zunächst dem Reich – unter der Geltung des Grundgesetzes: dem Bund – obliegt, die Grundsätze für die Ablösung aufzustellen.
Nachdem ein solches Gesetz über die Ablösungsgrundsätze bislang bekanntlich weder erlassen noch über Jahrzehnte hinweg auch nur ernsthaft in Angriff genommen worden ist, ist seit einiger Zeit Bewegung in die Diskussion um eine Ablösung gekommen. Dieser Umstand war Anlass, die 57. „Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche“ der Frage „Ablösung der Staatsleistungen – Gefahr oder Chance für das Verhältnis von Staat und Kirche?“ zu widmen. Zu diesem Zweck behandelte die Tagung zunächst in einem ersten Teil Grundsatzfragen der Staatsleistungen, namentlich deren Entstehung und Entwicklung, ebenso aber auch deren heutigen Status. Hieran schloss sich als zweiter Teil ein Ausblick auf die politischen Reformperspektiven und die mögliche Ausgestaltung eines Ablösungsgrundsätzegesetzes an, in den auch die Perspektiven der Kirchen einbezogen wurden. Der dritte und letzte Teil der Tagung schließlich weitete den Blick in dreifacher Hinsicht: in rechtsvergleichender Hinsicht durch die Erörterung der Frage, in welchem Umfang andere Staaten Europas Staatsleistungen an die Kirchen kennen und ob bzw. wie die Frage einer Ablösung dort geregelt oder diskutiert wird, in sachlicher Hinsicht durch eine Einbeziehung der Zukunftsperspektiven der staatlichen Förderung von Religionsgemeinschaften außerhalb der Staatsleistungen und in politisch-zeitgeschichtlicher Hinsicht durch die Erörterung, wie sich eine Ablösung der Staatsleistungen auf das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland auswirken könnte.weiterlesen