Die Diskurse über Europa gestalten sich bislang zu einseitig nach wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Gesichtspunkten. Weitgehend ausgeblendet bleibt dabei Europa als Geflecht kultureller Verläufe. Sie zum Thema zu machen, heißt nicht mehr nur wie bisher das kulturelle Gedächtnis Europas in seiner vielschichtigen Verwobenheit zu dokumentieren. Es bedeutet vor allem, Grundvorstellungen und Grundkonzepte, die latent die Alltagspraxis wie die Wissenschaften durchziehen, in ihrer Sinngenese, ihren Verschiebungen und gegenseitigen Überlappungen aufzudecken und Perspektiven für eine künftige wissenschaftliche und politische Praxis, ja die Lebenswelt Europa zu eröffnen.
Einen geeigneten Ansatzpunkt liefert das gegenwärtig wiedererwachte Interesse an einer philosophischen Anthropologie, die insbesondere durch die jüngsten Entwicklung auf dem Gebiet der Bio- und Neuro-Wissenschaften eine Renaissance erfährt: Dafür ist gerade das Thema ‚Europa’ als ein neues zentrales Kapitel zu erschließen.weiterlesen