Fallen
Produktform: Buch
Zwei Autoren. Vier Geschichten. Ein Motiv: Fallen. Aus einer gesellschaftlichen Konvention, aus dem Leben, aus der Realität. Willentlich. Bewusst. Ob Sektenführer oder Astronaut – alle Figuren nehmen das Fallen bzw. den Fall als existentielle Grenzerfahrung wahr. Als Moment, in dem es dem Einzelnen aus den Händen genommen wird, sein Schicksal selbst zu lenken. Im Hintergrund steht eine Sehnsucht der Charaktere, etwas Unbekanntes, Endloses – vielleicht das Nichts – im freien Fall zu schauen und zu spüren.
Die Texte geben keine Antworten. Sie vermitteln ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Transportiert wird dieses besonders durch die außergewöhnliche Buchgestaltung von Hans-Jörg Pochmann: Oben und Unten, Hinten und Vorn, die Gravitationskräfte der Buchseiten sind aufgehoben, indem sich der Satzspiegel beim Lesen zunehmend dreht, bis man ab der Mitte des Buches 'rückwärts' liest, die letzte Seite des einen Texts zur ersten Seite des anderen führt. Ein Lektüreerlebnis der anderen Art, das den Leser unaufhaltsam mitreißt in den Strudel des Fallens.
Ausgezeichnet 2012 mit dem 'Förderpreis für junge Buchgestaltung' und 2013 mit der 'Goldenen Letter', dem Preis für das 'Schönste Buch der Welt', durch die Stiftung Buchkunst. Begründung der Stiftung Buchkunst: 'Es gibt sie immer mal wieder, diejenigen Bücher, die zwei Vorderseiten, aber keine Rückseite haben. Dieses hier ist auch so eines. Aber hier sind nicht einfach bloß zwei Hälften auf den Kopf gedreht und aneinander montiert, sondern man blättert beide Geschichten – eine deutsche, eine englische – jeweils bis zum Ende des Buches durch. Die homographen Titel 'Fallen' unterscheiden sich lediglich im Tempus, deutsch Präsens, englisch Perfekt. Und genau dies liefert dem Buchgestalter das Motiv für eine klassische inszenierende Typografie: Der Text rotiert im Satzspiegel durch das ganze Buch um 180 Grad, der linksbündige Flattersatz ist geboten. Man beginnt mit dem Lesen auf einer rechten Seite, blättert weiter, dreht dabei das Buch immer ein bisschen mehr bis man auf einer linken Seite endet. Jetzt wäre man zwar durch die eine Geschichte etwas haltlos bis zum Buchende getaumelt, der Schwindel setzt sich hingegen fort mit dem gleichen Drehspiel der anderen Geschichte – in die entgegengesetzte Richtung zurück. Wir bekommen also nicht nur die Inszenierung des Fallens, sondern die der Grammatik noch dazu, wie es denn auch die Umschlagfotografien bereits visualisieren. In der selbstgewählten Reduktion auf die Elemente einer Buchdoppelseite, nämlich Kolumne und Pagina, hat dieses typografische Spiel etwas Zwingendes und erstaunlich Selbstverständliches, bestechend Auswegloses, und man fragt sich verblüfft: Wie bin ich da rein gerutscht, und wie komme ich da wieder raus?.'weiterlesen