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Fangnei - Spielregeln der Liebeskunst

Altchinesisches Geheimwissen zu Sexualität und Sexualmedizin. Kapitel 28 aus dem Ishinpo. Gesamttext und Materialien, zweisprachig

Produktform: Buch

Die Nachfahren Yasuyori’s übten als hochrangige Hofärzte 典薬頭 über Generationen einen großen Einfluß auf die Entwicklung der Medizin in Japan aus und ergänzten die Beobachtungen und Aufzeichnungen Yasuyori’s mit eigenen Studien. Gelegentlich gelang­ten kleinere Auszüge aus dem Ishinpō in Umlauf, doch in der Kamakura-Ära während des 13. und 14. Jahrhunderts wandten sich japanische Ärzte vermehrt den medizinischen Kon­zepten der chinesischen Song-Dynastie zu. Das Ishinpō wurde seltener konsultiert und verschwand in den Schränken der kaiserlichen Bibliothek. Dort schlummerte es, bis es 1554 auf Anordnung des Tennō Ōgimachi dem Hofarzt Nakarai Zuisaku 半井 端策 überlassen wurde. Ab dem 18. Jahrhundert waren japanische Ärzte von den Heilkünsten holländischer Seefahrer fasziniert und betrachteten das Ishinpō als eine Reliquie des Altertums. Eine Abschrift, die in der Familie Tamba verblieben war und lange Zeit vom Familiezweig Taki aufbewahrt wurde, ging verloren. Ein umfangreiches Fragment, das die Bücher 1, 5, 7, 9 sowie Teile von Buch 10 um­faßt, hütet der Ninna-Tempel in Kyōto. 1854 übergab die Familie Nakarai das Werk der Tokugawa-Regierung. Heute befindet es sich im Nationalmuseum Tokio und gehört zum National­schatz Japans. Nach einem Abgleich mit den Fragmenten, die sich noch im Besitz seiner Familie befanden, nahm der Hofarzt Taki Motokata 多紀 元堅 eine Rekonstruktion des Textes vor. 1860 wurde er erstmals in einer Holzblock-Druck­aus­gabe in einer Auflage von 500 Exemplaren veröffentlicht. Während einer Reise ins Land der aufgehenden Sonne war 1870 der Diplomat Yang Shoujing der erste chinesische Ge­lehr­te, der das Buch entdeckte. In Japan fiel die Publikation von Kapitel 28 des Ishinpō unter die Zensur. Als 1906 eine vollständige Ausgabe erschien, wurde das Fangnei-Kapitel sofort verboten und als sitten­widrig denunziert und der weitere Druck untersagt. Bei der Nachauflage von 1909 übersahen die Behörden das drei Jahre vorher zensierte Kapitel über die Liebeskunst. Doch die öffentlichen Biblio­theken verboten ihren Nutzern, dieses Kapitel zu lesen – was letztlich zu seiner weiten Ver­brei­tung beitrug. In der Ausgabe von 1935 wurden die Seiten, die Kapitel 28 im Buch ein­nimmt, blank stehengelassen. Nichtsdestotrotz wurde der Text in den 1920er und 1930er Jahren von japanischen Forschern, unter denen geradezu eine sexologische Manie aus­brach, verstohlen zitiert. Als sich ein Schüler des Dichters, Sammlers, Kalligraphen, Herausgebers und Ver­legers Ye Dehui 葉德輝 (1864–1927) im Jahre 1902 an der ehemals Kaiserlichen Bibliothek in Ueno aufhielt, fiel ihm auf, daß Kapitel 28 des Ishinpō zahlreiche Zitate aus verschollenen daoistischen Klassikern zu den sexuellen Künsten enthielt. Ye Dehui rekonstruierte diese Klassiker auf der Grundlage einer handschriftlichen Kopie, die ihm der Student zuschickte, und gab das Resultat 1903 unter dem Titel Shuangmei jing'an congshu 雙梅景闇叢書 („Schatten des doppelten Pflaumen­baums“) als Privatdruck heraus. Ye Dehui war damit der erste moderne Gelehrte, der Einblick in die sexuellen Künste des alten China erhielt. Als das Buch 1914 neu aufgelegt wurde, fügte Ye einige weitere Titel hinzu. Später wurde es als Sunüjing 素女經 („Klassiker der einfachen, ursprünglichen, natürlichen Frau“) po­pulär, obwohl es Fragmente aus mehreren verschollenen Klassikern zur Sexualkultur enthielt: Sunüjing, Yufang mijue, Yufang zhiyao, Dongxuanzi und anderen. Ye Dehui war einer der produktivsten Sammler seltener Bücher und Manus­kripte in China. 1910 veröffentlichte er einen Leitfaden für das Sammeln von Büchern, und 1915 gab er einen Katalog der rund 350.000 Bände seiner persönlichen Samm­lung heraus. Sein Sunüjing enthielt jedoch – wie bei dieser Verfahrensweise zu er­war­ten war – zahlreiche Transkriptionsfehler. Den­noch löste das Buch einen Skandal aus und em­pörte auch die chinesische Öffentlichkeit in der Republik. Der Heraus­geber be­zahlte seine Liebe zur geistigen Freiheit mit dem Leben: Er wurde von Kom­mu­nisten umgebracht. Die Veröffentlichung Ye’s Rekonstruktion klassi­scher Sexualhandbücher erregte die Aufmerksamkeit sowohl chinesischer Historiker als auch westlicher Gelehrter wie Henri Maspero, Joseph Needham und Robert H. van Gulik. Joseph Need­ham be­zeichnete das Fangnei als „größte chinesische sexologische Samm­lung“. Auf sie gründete der holländische Sinologe Robert van Gulik seine ebenfalls zunächst nur als Privatdruck 1951 erschienene Ausgabe erotischer Darstellungen aus der Ming-Zeit. Obwohl es ein Werk ist, das sich aus­schließlich auf chinesische Quellen stützt, erschien erst 1955 die erste Buchausgabe des Yixinfang in China. 1973 wurden im Dorf Mawangdui zahlreiche über zwei Jahrtausende abhanden gekommene Textfragmente gefunden, die der frühen Han-Zeit und der Prä-Qin-Zeit zu­zu­ordnen sind. In Grab No. 3 im ka­men zehn Fragmente zu­tage, auf Seide bzw. Bam­bus ge­schrieben, die eine große Ähn­lichkeit zu den hier zitierten Klassikern in Kapitel 28 auf­wei­sen. In den letzten Jahr­zehnten sind in China hervorragend edierte, kritische Ausgaben veröffentlicht worden, in denen die im Yixinfang gesammelte Zitate zeichengenau mit noch vorhandenen Quellen verglichen wurden. Zu erwähnen ist hier vor allem die Ausgabe von Gao Wenzhu 高文柱 et al. (2011), die auch als Referenz für die vorliegende Übersetzung verwendet wurde.weiterlesen

Sprache(n): Chinesisch, Deutsch

ISBN: 978-3-86660-306-6 / 978-3866603066 / 9783866603066

Verlag: Leipziger Literaturverlag

Erscheinungsdatum: 01.09.2024

Seiten: 392

Auflage: 1

Herausgegeben und übersetzt von Viktor Kalinke
Autor(en): Tamba Yasuyori

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