Ferdinand Tönnies (1855-1936) gilt als Begründer der Soziologie im deutschsprachigen Raum. Früher als Georg Simmel, Max Weber oder Emile Durkheim hat er damit begonnen, ein eigenes soziologisches System zu entwickeln, das beansprucht, die gesamte „historische und aktuelle Kultur“ bis hin zum „Geist der Neuzeit“ in ihrem Sein und Werden als eine Einheit denkbar und darstellbar zu machen. „Gemeinschaft und Gesellschaft“, sein Jugend- und Hauptwerk, 1887 erstmals publiziert, ist zweifellos einer der schwierigsten und kompliziertesten Texte deutschsprachiger Wissenschaftsprosa. Es gibt kaum ein Grundlagenwerk, das mehr Missverständnisse und Fehldeutungen provoziert hat. Um sich den Text und damit das ihm zugrunde liegende soziologische System sowie die späteren daraus sich ergebenden Werke inhaltlich erschließen zu können, ist eine Minimalkenntnis der Begriffsarchitektur, die dem Ganzen seine spezifische, unverwechselbare Form gibt, unumgänglich. Die vorliegende Einführung in das soziologische Denken von Ferdinand Tönnies umfasst deshalb nicht so sehr Erläuterungen und Deutungen einzelner seiner Werke, wie es üblicherweise und durchaus sinnvoll in vergleichbaren Hinführungen geschieht, sondern versucht, eher in der Art eines Vademekums, dem Leser, der Leserin zentrale Kategorien und Eigentümlichkeiten seiner Begriffsarchitektur, wie sie sein gesamtes Werk durchziehen, in ihrem Eigensinn und ihrer spezifischen Bedeutung näher zu bringen.weiterlesen