Wenn die soziologische Theorie sich mit Temperatur beschäftigt hat, dann meist in metaphorischen Beschreibungen wie der ›warmen Gemeinschaft‹ und der ›kalten Moderne‹. Elena Beregow nimmt die klassischen soziologischen Metaphern zum Anlass, um das versteckte thermische Denken in der Sozialtheorie einer materialistischen Relektüre zu unterziehen. Entlang der drei thermischen Figuren des Feuers, der Maschine und der Gärung wird eine Soziologie der Temperierung entworfen, die die Verschränkungen von Metapher und Materialität im Denken von Natur-Kulturen, Thermopolitiken und Temporalitäten auslotet.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Gärung als bislang übersehene thermische Figur. Sechs theoretische Lektüren erschließen die Gärung wahlweise als revolutionäres Ferment (Marx), als Efferveszenz (Durkheim), als Verfaultes (Lévi-Strauss), als Parasit (Serres), als Tätigkeit der Mikrobe und ihrer Auslöschung durch Pasteurisierung (Latour) und als Kompost (Haraway). Dabei wird die These entwickelt, dass eine materialistische Lektüre der Gärung neben utopischen
Hoffnungen des Neuen, Kreativen und Unerwarteten auch die ›dunklen‹ Momente der Materialität des Sozialen – Zerfall, Zersetzung und Auflösung – lesbar macht.
In Auseinandersetzung mit den materialen Praktiken des Fermentierens erhält die neue Faszination für Fermentierung nicht nur Plausibilität als Antwort auf die ökologischen Krisen der Gegenwart, sondern sie lässt auch neue sozialtheoretische Figuren des ›Kleinen‹ erkennbar werden.weiterlesen