Mit seinem viereinhalbstündigen Videoessay Histoire(s) du cinéma (1988–98) hat Jean-Luc Godard ein ‚Musée imaginaire‘ der Kunst (und) des Kinos geschaffen, das – Archiv, Katalog und Denkraum zugleich – ein Panorama der Geschichte(n) des 19. und 20. Jahrhunderts entwirft. Noch bevor der Begriff geläufig wurde, kreisen die Histoire(s) bereits um eine historische Zäsur, die seither mit dem Zeitalter der Postkinematografie identifiziert wird. Die Arbeit mit Video wird hier auf eine Weise vorgeführt und vorgedacht, wie sie erst später mit Einführung digitaler Schnitttechniken weite Verbreitung gefunden hat. Das besondere an Godards Essay ist nicht nur, dass er ein Brücke zwischen Buch und Film – Schrift und Bild – schlägt, sondern dass er die Zukunft eines Kinos erträumt, das zugleich das Wissen um seine Anfänge bewahrt. Darüber hinaus entwerfen die Histoire(s) einen Beitrag zu einer kritischen Stil- und Formgeschichte des Kinos, die ebenso von der Geschichte ihrer Medien handelt. Dem Projekt Henri Langlois – dem Gründers und langjährigen Leiter der Pariser Cinémathèque verpflichtet –, erweist sich Godard als „Archäologe und Kurator“ einer Geschichte des Kinos, die zugleich die Utopie eines ‚anderen Kinos‘ am Leben erhält.weiterlesen