Form ist 'das gewisse Etwas, ohne das es keine Kunst gibt', schrieb Boris Ejchenbaum. Autoren wie David Bordwell und Kristin Thompson haben diesen Begriff seit den achtziger Jahren für die Filmtheorie aktualisiert, um damit insbesondere 'das gewisse Etwas' ins Auge zu fassen, das die Filmkunst von anderen Kunst- und Kommunikationsformen unterscheidet. Dieser als Neoformalismus bezeichnete Ansatz, von dem Thompson sagt, daß er nicht die Welt erklären, sondern etwas über die Funktionsweise fiktionaler Filme aussagen will, gehört inzwischen zu den prominentesten in der internationalen Filmforschung. Dem entgegen steht eine Tradition kritischer Theorie, die als 'système à la mode' aus strukturaler Semiotik, Psychoanalyse und Ideologiekritik die Diskussionen der siebziger Jahre dominierte und deren Überbleibsel einem in der Filmtheorie heute als postmoderne Kulturwissenschaft begegnen.
In diesem Buch wird der Versuch einer 'rettenden Kritik' (W. Benjamin) des Neoformalismus unternommen. Es soll dem kritischen Potential der neoformalistischen Filmanalyse selbst nachgegangen und einige ihrer zentralen theoretischen Einsichten der Deutungshoheit jener Tradition konfrontiert werden. Exemplarisch anhand des Fetischbegriffs wird gezeigt, was ein solcher formanalytischer Zugang zur Entzauberung auch der bisher damit befaßten Filmtheorien beitragen kann. Wenn das Kino eine Traumfabrik ist – so kann man das Programm dieser formalistischen Kritik knapp zusammenfassen –, dann ist die Filmform die Traumarbeit, welche die filmische Vision erst produziert und zugleich im fertigen Phänomen verschwindet.weiterlesen