Forschungen und Materialien zur deutschen Aufklärung / Das neue Apriori
Kants Lehre von einer "ursprünglichen Erwerbung" apriorischer Vorstellungen
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Kants Apriori einfach als angeboren zu bezeichnen bzw. mit der traditionellen Lehre von den angeborenen Ideen gleichzusetzen, ist auch heute noch ein gängiges Klischee. Doch die simple Überlegung, Vorstellungen, die Erfahrung erst möglich machen, müßten schon vor aller Erfahrung gegeben und mithin angeboren sein, wird Kants Auffassung vom Ursprung apriorischer Vorstellungen in keiner Weise gerecht. Kant selbst war ein entschiedener Gegner der Annahme angeborener Ideen und hat an den verschiedensten Stellen seines Werkes immer wieder ausdrücklich erklärt, sowohl die Anschauungsformen Raum und Zeit als auch die reinen Begriffe seien erworben, allerdings nicht aus der Erfahrung, sondern aus der Natur des Erkenntnisvermögens.
Ziel der Untersuchung ist, diese von der bisherigen Forschung sträflich vernachlässigte Lehre von einer ›ursprünglichen Erwerbung‹ der Erkenntnis umfassend darzustellen. Dabei zeigt sich, daß das Lehrstück, obwohl es von Kant nie ausgearbeitet, sondern immer nur in Andeutungen und Bruchstücken vorgetragen worden ist, sowohl in entwicklungsgeschichtlicher als auch in systematischer Hinsicht im Zentrum der kritischen Philosophie steht.
Es war eben jene schon in der Dissertation von 1770 und damit im Kontext eines ganz andersartigen Metaphysikentwurfs ausformulierte These vom Ursprung bestimmter Vorstellungen in der Erkenntniskraft selber, die Kant in der Folge vor die Frage stellte, wie sich denn derartige Begriffe überhaupt auf Gegenstände beziehen können. Entwicklungsgeschichtlich gesehen liegt die Lehre von der ursprünglichen Erwerbung apriorischer Begriffe damit dem sogenannten Deduktionsproblem zugrunde und ist der Schlüssel für die erkenntnistheoretische Wende Kants von 1772.
Kants Erwerbstheorie zufolge entstammen die apriorischen Begriffe den logischen Regeln des Denkens, aus denen sie sich bei Anwendung dieser Regeln auf Gegenstände der Sinne entwickeln. Das sagt er bereits 1770. Da die logischen Regeln alle bekannt sind, geben sie Kant den Leitfaden an die Hand, die apriorischen Begriffe vollzählig bestimmen zu können. Kant vollzieht die Ableitung der Kategorien aus den Urteils- und der Ideen aus den Schlußformen in der Kritik der reinen Vernunft, die sogenannten metaphysischen Deduktionen, auf der Grundlage seiner Erwerbstheorie. Er leitet das transzendentale Vermögen der reinen Begriffe aus dem logischen Vermögen des Urteilen bzw. Schließens ab, weil das logische Vermögen der Ursprung des transzendentalen ist. In systematischer Hinsicht ist Kants Erwerbstheorie der Erkenntnis damit ein Schlüssel für die zentrale Frage nach dem Verhältnis zwischen formaler und transzendentaler Logik und der Grund für die Ausrichtung der Kritik der reinen Vernunft an der formalen Logik.weiterlesen
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