In einer Ringvorlesung an der Universität Wien gingen VertreterInnen der Altertumswissenschaften, der Byzantinischen Kunstgeschichte, der Kultur- und Sozialanthropologie, der Philosophie und der Theologie der Frage nach, was „Friede“ in unterschiedlichen Kulturen bedeutet(e), wie „Friede“ gesprochen wird, in welchen Bildern „Friede“ präsentiert wird. Dies gestaltete sich im Wortsinne als eine Spurensuche: in einigen Disziplinen hätte für eine Ringvorlesung über den Krieg weitaus reichhaltigeres Quellenmaterial zur Verfügung gestanden. Die gezielte Suche nach Vorstellungen vom Friede und Äußerungen zu seiner Gestaltung war also auch eine Herausforderung.
„Friede“ ist ein prekärer Begriff und ein prekärer Zustand. In Frieden zu leben ist ein menschliches Grundbedürfnis. Aber was ist Friede? (Nur) Absenz von Krieg? Leben wir – in Mitteleuropa im frühen 21. Jahrhundert – im Frieden? Wie kann man Frieden schließen, Frieden sichern? Ständig hören wir von (geplanten und gescheiterten) „Friedensoffensiven“ (!) und Friedensabkommen. Friedensstabilisierung ist ein Lieblingswort der Politik. Die Suche und die Sehnsucht nach Frieden sind allgegenwärtig.
Die Ringvorlesung versuchte, Äußerungen zum Frieden und Auswirkungen von Frieden nachzugehen, schwerpunktmäßig in der ferneren Vergangenheit. Wir haben reiche historische und archäologische Quellen zu Kriegen – was wissen wir vom Frieden? Was können wir über die Konzeption von Frieden, über Friedenssehnsucht und Friedensgenuss sagen? Wie ist es zu interpretieren, wenn wir Zeugnisse zu Krieg, Sieg, Unterwerfung, Feinden etc. haben, aber keine zu Friedenssituationen, Friedensstrategien und Friedenssicherung? Was können wir aus Vergleichen von friedlichen zu kriegerischen Zeiten über das Leben in Frieden erschließen? Was sagt uns die Thematisierung von Krieg (bzw. Kriegern) und Sieg (bzw. Siegern) in schriftlichen und bildlichen Zeugnissen über die Werte der jeweiligen Gesellschaft?weiterlesen