Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Historisch-kritische Ausgabe / Reihe I: Werke. Band I,12,1-2: Schriften 1802–1803
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775–1854)
EIN DENKWEG ZWISCHEN THEOLOGIE
UND PHILOSOPHIE
Die historisch-kritische Ausgabe präsentiert Werke, Nachlass,
Nachschriften und Briefe des Philosophen Joseph Wilhelm
Friedrich Schelling (1775–1854). Die kritisch edierten Texte
werden durch erklärende Anmerkungen, ausführliche Register
und durch umfangreiche editorische Berichte zu ihrer Gestalt,
Entstehung und Wirkungsgeschichte aufgeschlossen.
Es ist weitgehend bekannt, dass der Pfarrerssohn Schelling
in einem religiösen Umfeld erzogen wurde, die höhere Klosterschule
besucht und anschließend Theologie studiert hat.
Doch wie nachhaltig die theologische Ausbildung diesen
Denker auf der künftigen Suche nach einem die gesamte Wirk -
lichkeit begreifenden wissenschaftlichen System beeinflusst
hat, konnte in der Forschung bislang nur anhand weniger früher
Texte untersucht und belegt werden. Die historisch-kritische
Ausgabe ermöglicht nun zum ersten Mal, einen tieferen
Blick auf diese Problematik zu werfen, indem sie die zentralen
Aufzeichnungen, Mitschriften und Notizen des frühen
Schelling aus dem Nachlass präsentiert und in ihrer historischen
und ideellen Entstehung aufschließt: Band II 1,1 mit
den frühesten Arbeiten des Klosterschülers (1787–1790) und
Band II 5 mit den reiferen, schon eigenständigen Ausführungen
des Studenten zeigen vielfältige Beschäftigungen zwischen
Bibelhermeneutik und der Auseinandersetzung mit antiken
Autoren (Isokrates, Pindar, Platon u.a.).
Schellings erste akademische Anstellung führt ihn im Wintersemester
1798/99 in die Metropole deutschen Geisteslebens
an die Universität Jena, in der unmittelbaren Nähe zu Weimar.
Beeindruckt durch dessen erste Schriften zur Naturphilosophie
hat sich Johann Wolfgang von Goethe höchstpersönlich
für die Berufung Schellings eingesetzt. Im regelmäßigen
Austausch beeinflussen sich beide für die nächsten vier Jahre
in natur- und kunstphilosophischen Debatten; auch die Gebrüder
Schlegel prägen Schellings ästhetische Ansichten entscheidend.
Im Dialog ›Bruno‹ bildet er schließlich seine Ge -
danken an der Schnittstelle von Ästhetik und Philosophie zu
einem eigenständigen Ansatz aus (Bd. I 11), den er zusammen
mit Hegel in philosophisch-spekulativer Hinsicht vertieft und
in der gemeinsamen Zeitschrift ›Kritisches Journal der Philosophie‹
(auch Bd. I 11) verteidigt. Wie sehr sich diese neue
Philosophie auch auf Schellings Naturverständnis auswirkt,
verdeutlicht die historisch-kritische Ausgabe der Zweitauflage
von Schellings ›Ideen zu einer Philosophie der Natur‹
von 1803 (Bd. I 13), die einen Vergleich mit der Erstauflage
von 1797 (Bd. I 5) ermöglicht.
Dass Schelling mit einem Ausdruck von Xavier Tilliette eine
»philosophie en devenir«, eine im Werden begriffene und
sich im Werden begreifende Philosophie, konzipiert, wird an
keinem anderen Ausdrucksmedium so klar wie an seinen
Vorlesungen. In ständiger Überarbeitung wandelt (sich) diese
Philosophie auf einem Denkweg zwischen Scheitern und Vervollkommnung.
Dies gilt bereits für den Beginn der Vorlesungstätigkeit
in Jena und deren Fortsetzung von 1803 bis 1806 in
Würzburg; es gilt noch mehr, als Schelling die Produktion systematischer
Schriften ab 1812 einstellt. Die »Stuttgarter Privatvorlesungen
« (1810), die Erlanger Vorträge (1820/21)
und schließlich Schellings Münchener (1827–1841) und Berliner
Vorlesungen (1841–1846) dokumentieren diese Bedeutung.
Daher widmet die Nachlass-Reihe der Akademie-Ausgabe der
Veröffentlichung ausgewählter Nachschriften besondere Aufmerksamkeit.
Den Anfang in chronologischer Hinsicht macht
die Edition von Schellings Vorlesungen über ›Philosophie
der Kunst‹ (Bd. II 6). Neben dem Text der ›Sämmtlichen Wer -
ke‹, der auf einem verlorengegangen Würzburger Manuskript
Schel lings von 1805 beruht, bringt sie eine Nachschrift der
Jenaer Vorlesungen von 1802/03. Dazu werden sieben weitere
Nachschriften aus dieser Zeitspanne vergleichend hinzugezogen
und in Auszügen zitiert. Auf diese Weise gewinnt der
Le ser einen Einblick in die Denkwerkstätte des Philosophen.
Band II 8 präsentiert die vom Sohn edierten und so benannten
›Stuttgarter Privatvorlesungen‹ in Synopse mit der Nachschrift
des Oberjustizrats Eberhard Friedrich von Georgii,
in dessen Haus die Vorlesungen stattfanden. Schelling hat
die Mitschriften Georgiis durchgesehen und korrigiert, seine
Briefe an Georgii im Anhang der Edition geben Aufschluss
über die Entstehung der Nachschrift und den Verlauf der Vorlesungen.
Mit Schellings ›Stuttgarter Privatvorlesungen‹ liegt
ein stringenter Entwurf seines Systems vor, der die thematische
Vielfalt und metaphysische Entfaltung seines Denkens
besonders eindrücklich veranschaulicht.
Spätestens mit den ›Stuttgarter Privatvorlesungen‹, doch auch
schon mit den ein Jahr zuvor erschienenen ›Philosophischen
Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freyheit‹
tritt Schellings theologischer Ansatz in der Philosophie wieder
deutlicher zutage. Indes zeigt sich bereits früher, so in ei -
ner Nachschrift von 1804, woran sich Schellings ›Philosophie
im Werden‹ ausrichtet: »Durch die Periode der Vorsehung ist
die Geschichte des Christenthums eingeleitet, hier erscheint
die Geschichte als ein Werden Gottes, nicht als ein Seyn, erst
wenn das Ende der Geschichte seyn wird, wird auch Gott
seyn.«
Christoph Binkelmann,
Wissenschaftlicher Sekretär des Projekts
›Schelling – Edition und Archiv‹, München 2017weiterlesen
556,00 € inkl. MwSt.
Gesamtabnahmepreis
kostenloser Versand
lieferbar - Lieferzeit 10-15 Werktage
zurück