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»Gedoene an wort daz ist ein toter galm«

Studien zur Wechselwirkung von Wort und Ton in einstimmigen Gesängen des hohen und späten Mittelalters

Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)

Noch im Jahr 1989 spricht Finscher in seiner Einleitung zum 3. Band des „Neuen Handbuchs der Musik“ dem Mittelalter bis auf zufällige Ausnahmen eine gezielte Abstimmung von Wort und Ton ab und hält dies demgegenüber für eine genuine „Entdeckung“ des 14. und 15. Jahrhunderts. Auch wenn die Frage nach der angemessenen musikalischen Gestaltung des Wortes im Mittelalter begegnet, wo sie etwa bei Johannes Affligemensis (De musica) und Jacobus von Lüttich (Speculum Musicae) über das Begriffspaar cantus und materia Eingang in die Diskussion gefunden hat, handelt es sich doch keineswegs um ein speziell mittelalterliches Thema. Ganz im Gegenteil: Die zahlreichen Arbeiten aus den Bereichen Semiotik (z.B. Faltin, Kabusicky, Nattiez, Monelle, Hatten Nöth) und Musikforschung (vgl. Krons) machen deutlich, daß es sich dabei um eine die Jahrhunderte durchziehende Fragestellung handelt. Dabei wurde lange Zeit die Wechselwirkung ausschließlich unter formalen Gesichtspunkten erörtert. Als ausschlaggebend erwies sich in diesem Zusammenhang die Auffassung, das Mittelalter verfüge über keine Möglichkeiten, das rhetorische Bewußtsein angemessen umzusetzen, was wiederum als Folge der auf Konventionalisierung beruhenden und sich als modellhaft erweisenden Melodik angesehen wurde. Diese Position erhält allerdings nicht ungeteilten Zuspruch. Arlt hat 1990 nachdrücklich darauf hingewiesen, daß mit vergleichbaren Phänomenen auch schon im Mittelalter zu rechnen sei. In diesem Zusammenhang empfiehlt er, lateinische Lieder aufgrund ihrer längeren Tradition hinsichtlich Verschriftlichung und Reflexion in die Analyse einzubeziehen. Die vorliegende Untersuchung trägt dieser Forderung Rechnung, indem sie die Wechselwirkung von Wort und Ton einerseits anhand lateinischer, andererseits mittels volkssprachlicher Beispiele erörtert: So umfaßt der lateinische Bereich den „Ludus Danielis“ und die Hymnen der Zisterzienser; Neidhart von Reuental, Heinrich von Meißen und Oswald von Wolkenstein vertreten die Volkssprache. In diesem Zusammenhang nun wird die Wechselwirkung von Wort und Ton nicht allein unter formalen, sondern auch unter inhaltlich-semantischen Gesichtspunkten erörtert. Dazu wurde ein Analysemodell entwickelt und erprobt, das sich durch den Rückgang auf die fundamentalen Kategorien Raum, Zeit und Bewegung auszeichnet: Text und einstimmige Melodie werden in ihrem materialen Niederschlag (Handschriften) betrachtet und anschließend miteinander verglichen. Die Ergebnisse zeigen, daß bereits für die einstimmige Musik des hohen und späten Mittelalters eine gezielte Abstimmung von Wort und Ton angenommen werden muß. Musik und Text gehen demnach eine Verbindung ein, die sich bis zur expressiven Textumsetzung innerhalb des melodischen Systems, wie auch umgekehrt bis zu einer sukzessiven Ausfaltung melodischer Mikrostrukturen durch den Inhalt des Textes steigern kann. weiterlesen

Dieser Artikel gehört zu den folgenden Serien

Sprache(n): Deutsch

ISBN: 978-3-89500-473-5 / 978-3895004735 / 9783895004735

Verlag: Reichert, L

Erscheinungsdatum: 15.02.2006

Seiten: 336

Autor(en): Johannes Kandler

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