Warum ich Bilder mache
Als ich zwei Jahre alt war, hob mich meine Mutter eines
Morgens hoch zum Fenster, um mir den ersten Neuschnee
des Jahres zu zeigen. Da war ich ganz verblüfft und meinte:
HAT DA MALER MACHT! Damals zeichnete mir meine
Mama ein buchseitengroßes Bild und hängte es an die
Wand bei meinem Bett. Auf diesem Bild wandert ein kleiner
Junge mit seinem Esel durch ein Land mit eigentümlichen
Pflanzen und Bergen. Über allem strahlt eine riesige Sonne.
„Dem lieben Bertl von seiner Mama“
Hatte sie gewusst, was kommen wird? Oder wurde ich
zu dem, der gerne in fremde Welten reist, weil sie es mir so
liebevoll vorgezeichnet hatte?
Irgendwie hatte mir die Kraft dieses kleinen Bildes den
Weg vorgezeigt, ohne dass es mir für lange Zeit bewusst geworden
war.
Ende der Siebzigerjahre besuchte ich in Venedig eine
Ausstellung kleiner Radierungen und Zeichnungen von
Rembrandt und wurde sofort von deren Kraft mitgenommen
und in meinen eigenen Vorstellungen bestätigt.
Zu der Zeit hatte ich nach vielen Reisejahren an der
Glasgow School of Art angefangen, Drawing and Painting
zu studieren. Es war die Zeit, als „Minimal Art“ und „Pop
Art“ durch epigonenhafte Wiederholung ihre Kraft verloren
hatten. Bilder malen war „out“. Man studierte „Performance
Art“, „Conceptual Art“, „Video“ und „Rauminstallation.
„Land Art“ war schwer im Kommen. Auch große Farbflächen
oder leere Leinwände wurden von der Fachwelt gutgeheißen.
In Glasgow wurde allerdings noch Aktzeichnen und
Maltechniken gelehrt, was in den meisten anderen Akademien
schon verpönt war.
Ich war zur rechten Zeit am rechten Ort! „Jetzt erst
recht!“, dachte ich und war bereit, mich all den handwerklichen
und ästhetischen Herausforderungen zu stellen.
Meine zweijährige Diplomarbeit war: „Bilder, inspiriert
von Goethes Faust 1 und 2.
Das bringt mich zum nächsten Thema:
Warum ich schreibe
Zuerst kam die Musik. Damals packte ich als jugendlicher
Reisender meine Gitarre aus und sang auf den Straßen
der Welt meine eigenen Lieder. Erst natürlich auf Englisch,
so wie die Beatles und Bob Dylan. Als dann aber Goethes
Faust gelesen war und ich von der spirituellen Erdigkeit
seiner Sprache verblüfft war, versuchte ich, einen Weg ins
Deutsche zu finden. -- Ich war zurück in Tirol.
Weil Liedtexte allein zu wenig Entfaltung boten, begann
ich erst Solo-Musik-Theaterstücke zu schreiben, dann
Libretti für Kammeropern. Bald aber wurde für mich das
Schreiben wichtiger als die Musik. Ich hatte für mich eine
neue Ausdrucksform gefunden.
Nun kann ich mich beim Schreiben von der Bildenden
Kunst erholen und umgekehrt.weiterlesen