Die kollaborative Nutzung von Daten gewinnt in der Industrie zunehmend an Bedeutung und erfordert die verstärkte Berücksichtigung von Interoperabilitäts- und Datensouveränitätsaspekten. Mithilfe der kollaborativen Nutzung von Daten entstehen neue, datenbasierte Geschäftsmodelle, die zu einer Optimierung von Wertschöpfungsprozessen führen und somit die Grundlage für neue Einnahmequellen darstellen. Dabei spielen insbesondere verteilte Systeme eine entscheidende Rolle, die durch die gemeinsame Nutzung von Daten und Geräten geprägt sind und eine engere Kommunikation der beteiligten Akteure untereinander erlauben. Gleichzeitig kommt es im Zuge der stetigen Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Kontext des Internets der Dinge zur Entstehung neuer Konzepte, die eine strukturierte Abbildung von Daten ermöglichen. Dazu gehören vor allem digitale Zwillinge, die im Wesentlichen eine ganzheitliche digitale Repräsentation eines Anlageguts entlang dessen gesamten Lebenszyklus erlauben. Digitale Zwillinge bieten ein erhebliches Potenzial für die Nutzung in verteilten Systemen und bilden eine geeignete Grundlage, um insbesondere Lebenszyklusdaten eines Anlageguts kollaborativ zu nutzen. Studien gehen zwar von einer verstärkten Nutzung von digitalen Zwillingen in unternehmensübergreifenden Netzwerken aus, jedoch werden diese weiterhin überwiegend als rein unternehmensinternes Konzept genutzt. Wesentliche Gründe dafür liegen zum einen in einem fehlenden einheitlichen Verständnis von digitalen Zwillingen. Zum anderen gibt es derzeit kein ausreichendes präskriptives Wissen zur Gestaltung von digitalen Zwillingen, die in verteilten Systemen genutzt werden können.
Im Rahmen der vorliegenden Dissertation werden daher Gestaltungsprinzipien entwickelt, die die Implementierung von digitalen Zwillingen für verteilte Systeme erheblich unterstützen. Eine Grundlage für die Entwicklung der Gestaltungsprinzipien bildet die Durchführung einer umfassenden Interviewreihe mit Industrieexperten aus Branchen, die insgesamt alle relevanten Akteure einer Wertschöpfungskette repräsentieren. Eine weitere Grundlage zur Entwicklung der Gestaltungsprinzipien bildet eine bestehende Instanziierung eines verteilten digitalen Zwillings, die im Rahmen der Vorarbeiten dieser Dissertation entwickelt wurde. Die Gestaltungsprinzipien für verteilte digitale Zwillinge bilden das Hauptartefakt dieser Dissertation. Für die konzeptionelle Strukturierung der Gestaltungsprinzipien wird zusätzlich eine Taxonomie entwickelt, die die grundlegenden Dimensionen und Charakteristika von digitalen Zwillingen abbildet. Dies erlaubt eine umfangreiche deskriptive Beschreibung von digitalen Zwillingen im Allgemeinen sowie die Einordnung von verschiedenen Ausprägungen eines digitalen Zwillings zur Identifizierung von Archetypen.
Zielgruppe dieser Dissertation sind vor allem Wissenschaftler und Praktiker, die sich mit digitalen Zwillingen im Allgemeinen sowie mit deren Nutzung in kollaborativen Netzwerken befassen. Zusätzlich befasst sich diese Dissertation mit einer Instanziierung auf Basis der Verwaltungsschale der Plattform Industrie 4.0, sodass auch in diesem Kontext Wissenschaftler und Praktiker neue Erkenntnisse gewinnen können. Des Weiteren erlaubt diese Dissertation detaillierte Einblicke in die praktische Entwicklung von Taxonomien und insbesondere von Gestaltungsprinzipien.weiterlesen