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Granada und die Alhambra

Mit Uebersetzung aller arabischer Inschriften, zahlreicher Quellen und Urkunden.

Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)

Eine Gruppe Touristen stapft kunstbeflissen und eifrig durch die Säle des Schlosses der Kalifen von Granada: wie eine Schar Marsbewohner von einem anderen Stern. Sie erfreuen sich an der Formenvielfalt, staunen über die Blumenmuster, verfolgen die Schlingen und Ranken, doch nach und nach ermüden die verwirrenden Skulpturen der Wände und Deckengewölbe. Ihre Blicke werden stumpf. Niemand, der ihnen die Muster erklären könnte, der verriete, was dort geschrieben steht für jeden, der es lesen kann. Ja, diese Muster können reden! Jene arabischen Schriftzüge, schön gestaltet wie Blütenmeere, umwehen Geheimnisse des Orients. Dort stellen sich Gedichte zu Gebeten, Ruhmes-lieder längst verschollener Fürsten klingen zusammen mit dem tausend-fachem Lob Gottes. Kein Dichter ist jemals so prachtvoll veröffentlicht worden in schier unvergänglicher Handschrift wie Ibn Samraks herrliche Verse, gerahmt von der lieblichsten Landschaft, gefaßt von herrlichen Blumen, von silbernen Tropfen leise murmelnder Brunnen überstäubt. Kein Gebet wirkt inbrünstiger als das Flehen um Gottes Gnade am Tage des Jüngsten Gerichts gerade in dieser leuchtenden Pracht von Kunst und Natur. Ein Rausch von Schönheit, zugleich auch ein Bewußtwerden der Vergänglichkeit alles Schönen. Das alles auszukosten ist uns heute nicht mehr vergönnt, weil wir die Buchstaben nicht lesen können und ihre Botschaft vergessen haben. Vielleicht ist Hingabe - arabisch Islam - das einzig mögliche Lebensgefühl, das in diesem Schloß ausgedrückt werden konnte: Hingabe an diese von Gott geschaffene Schönheit. zugleich Ergebenheit in Gottes unerforschbaren Willen. Nur um den Mord an seinen arabischen Untertanen zu hindern, entschloß sich Boabdil, dieses Schloß zu übergeben und einen ehrenvollen Abzug zu erwirken. Mit Tränen in den Augen tauschte er das Schwert (es liegt heute verstaubt in einem Kasten des Madrider Museums) gegen das Pergament eines Friedensvertrags, der sämtlichen Muslimen Freiheit versprach, Duldung ihrer Religion und Achtung vor ihrer Kultur. Es war völlig wertlos, denn der Kalif hatte nicht mit Isabella der Katholischen gerechnet. In Herden trieb man die Muslime zu Zwangstaufen an die Taufbecken provisorisch errichteter Kirchen. Die Inquisition sann nach düsteren Mitteln, diesen heidnischen Aberglauben zu vertilgen. Man verbot, Arabisch zu sprechen, man schleifte die Moscheen. Zu allem Überfluß verbrannte man öffentlich alle arabischen Manuskripte, die man nur finden konnte: Die Palastbibliothek der Alhambra und die Buchsammlung der arabischen Universität Granada zuerst, dann die öffentlichen Bibliotheken, zuletzt alle privaten Handschriften, selbst arabisch geschriebenen Zettel. Es müssen Millionen gewesen sein. Sie verloderten im Feuer unter dem Jubel der christkatholischen Könige und ihres gestrengen Beichtvaters Kardinal Xavier Ximénes. Wer Bücher verbrennt, läßt Menschen keine Chance: Plötzlich gibt es Heuchler die Fülle, Bauplätze für Kirchen und Klöster ohne Zahl. Auf den Trümmern der Hauptmoschee türmt man protzig die Capilla Real. Schaurig schöne Spätgotik treibt grausige Blüten. Neureicher Prunk blitzt und funkelt aus jedem Altarretabel. Im Chor umzingelt ein vergoldetes Prunkgitter leere Sarkophage. In den Tiefen der Schatzkammer glitzern Zepter und Krone der Katholischen Könige, aus muslimischen Goldgeschmeide geschmolzen. E 4 Was Isabella begann, setzte Kaiser Karl V. fort, mit heiligem Eifer. Dieses heidnische Geschnörkel, dieser Brunnenfirlefanz, dieses dekadente Spiel von Arabesken, Kiosken, Arkaden, all dieser fremdländische Aberwitz paßt nicht zu der Allerkatholischsten Majestät. Er gab den Auftrag, das arabische Gerümpel beiseite zu räumen, und ließ einen Palast hinbauen, einen Klotz, der in seiner nackten Zwecklosigkeit schier alles Vorstellbare erschlägt. Da nun Mauren und Juden aus ganz Spanien und speziell aus Granada verjagt wurden, ihre Kopfsteuern also nicht mehr flossen und maurische Sklaven allmählich ausstarben, wurde der Palastkomplex niemals vollendet. Nun, der Islam in Spanien ist tot. Die Bibliotheken sind verbrannt, die Gelehr-ten hingerichtet, die Geistlichen von der Inquisition gefoltert und den Flammen übergehen, die Wissenschaften und Künste verschollen. Die arabische Sprache bleibt stumm. Als hätten es die arabischen Künstler in ihren geheimsten Gedanken erahnt: Nirgends ist die Wucht der Schriftkunst so dicht, die zu Stuck geronnene Kalligraphie zu größerer Blüte gebracht als im Schloß der Alhambra. Es starrt geradezu vor Schrift. Die vielen Worte drängen die Ornamentik des schönen Arabeskenspiel völlig in den Hintergrund. End-lose Friese künden den Leitspruch der muslimischen Herrscher von Granada: UND NUR GOTT ALLEIN BLEIBT SIEGER Schlachtruf im harten Kampf gegen die christliche Übermacht, tiefe Einsicht in die eigene Ohnmacht, zugleich jedoch fanatische Ergebenheit in das Unausweichliche. Eine Prophezeiung außerdem, die sich als wahr erweisen sollte und die immer noch wahr ist. Nur kann sie heute kaum einer mehr lesen, keiner mehr deuten und niemand im Tiefsten begreifen. Dr. Wolfgang Kosackweiterlesen

Sprache(n): Arabisch, Deutsch

ISBN: 978-3-906206-28-8 / 978-3906206288 / 9783906206288

Verlag: Verlag Christoph Brunner

Erscheinungsdatum: 11.04.2016

Seiten: 203

Zielgruppe: Studenten, Fachgelehrte, Sprachwissenschaftler,

Autor(en): Wolfgang Kosack

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