Von der Eingemeindung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1890–1945
Produktform: Buch
Die Eingemeindung nach Freiburg 1890 bedeutete für Günterstal eine Zäsur. Große städtische Modernisierungsprojekte veränderten das Leben der meist mittellosen Bevölkerung nachhaltig: Die erste Freiburger Straßenbahnlinie verband die Bewohner mit der Stadt, Kanalisation, Elektrifizierung und eine geregelte Abfallwirtschaft brachten mehr Komfort. Doch die Bevölkerung musste sich finanziell daran beteiligen, was zur großen Belastung werden konnte. Die Eröffnung des städtischen Waisenhauses barg sozialen Zündstoff, zumal die städtische Politik zeitgleich die Weichen für die Zukunft stellte, in der bevorzugt wohlhabende Bürger in Günterstal angesiedelt werden sollten. Um 1900 entstanden somit die ersten Landhäuser und Villen auf den bis dahin landwirtschaftlich genutzten Flächen der gewachsenen Altbevölkerung.
Der Erste Weltkrieg brachte Hunger und Not und den Tod von Soldaten aus Günterstal mit sich, während er andererseits die Bewohner von Ober- und Unterdorf, arme und reiche, Katholiken, Protestanten und Juden, Landwirte, Handwerker, Händler, Arbeiter, Gastwirte und Hoteliers vorübergehend zusammenschweißte.
In den Krisenzeiten der Nachkriegsjahre suchte so mancher sein Heil in der Auswanderung nach Übersee. Die Aufführung des überregional wahrgenommenen Wallfahrtspiels „Das Wunderkreuz“ 1930 bedeutete nur eine kurze Vergnügung nach den Schrecken des Krieges und vor der Machtergreifung Hitlers.
Zu den schwärzesten Stunden der Stadtteilgeschichte gehört das Dritte Reich mit der Vertreibung des Hauptlehrers Wilhelm Hugo Mayer aus Günterstal und der Einschüchterung der Bevölkerung.
Der Zweite Weltkrieg war in Günterstal für jeden spürbar: Einquartierungen, der Bau von Luftschutzräumen, die Unterbringung von Zwangsarbeitern und das Verschwinden jüdischer Mitbürger sowie von Menschen, die als „lebensunwertes Leben“ eingestuft wurden, eine tägliche Bedrohung durch Bomben und Bespitzelungen führten zu einer völligen Verunsicherung des Individuums. Hinzu kam der Tod von Angehörigen auf dem Feld: Für einen Stadtteil ungewöhnlich viele Männer fielen. Andere gerieten in Gefangenschaft oder blieben bis heute vermisst.weiterlesen