Die jüdische Philosophin und Politologin Hannah Arendt (1906 – 1975) floh nach einer vorübergehenden Inhaftierung 1933 von Deutschland nach Paris, wo sie für zionistische Fluchtorganisationen nach Palästina arbeitete, Jugendliche für die Übersiedlung vorbereitete und zum Teil auch begleitete; des Weiteren führte sie in Paris ihre Studien zum Antisemitis-
mus, Nationalismus und Totalitarismus fort. Nach einer erneuten Inhaftierung im südfranzösischen Lager Gurs entkam sie nach New York, wo sie bis zu ihrem Tode lebte und arbeitete, akademisch lehrte und publizierte.
Die Entwicklung in Palästina verfolgte Hannah Arendt von Manhattan und in Besuchen bei Verwandten und Freunden lebenslang – in kritischer Distanz und tiefer Verbundenheit. Bereits Anfang der 1940er-Jahre warnte
sie vor nationalistischen und militaristischen Richtungen des politischen Zionismus, vor der Ausgrenzung der Araber, den Plänen der Revisionisten, aber auch vor den Zielsetzungen David Ben-Gurions, des israelischen Staatsgründers, ersten Ministerpräsidenten und Verteidigungsministers (1948) – und plädierte stattdessen für den Aufbau föderaler Beziehun-
gen und Strukturen mit den arabischen Nachbarn, unter Ausschluss von Großmacht-Interessen in dieser Region.
Peter Selg zeichnet vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Israel und Gaza diese Entwicklung nach, darunter Hannah Arendts Position zum Jerusalemer Eichmann-Prozess (1961). «Auch in den bösesten Situationen hörte ihr Denken, die Kraft ihrer hellsichtigen Geistesgegenwart nicht auf.» (Karl Jaspers)weiterlesen