Heißes Pflaster: Frankfurt
Brennpunkt Main-Taunus - Jungdetektive auf Tour
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Leseproben
Leseprobe 1 (Banküberfall)
Als Tivaro am Dienstag Morgen aufwachte, guckte er zuerst auf den
Display seines Weckers. Oh nein! Er hatte verschlafen! Hektisch sprang
er aus dem Bett. Er wollte sich doch mit Otto wieder in der U-Bahn nach
Gonzenheim treffen. Tivaro rannte die Treppe zum Wohnzimmer
hinunter. »Mom, ich habe verschlafen. Warum hast du mich nicht
nochmal geweckt?« Keine Antwort. Er ging in die Küche, doch da war
niemand. Da fiel ihm ein, dass Elise heute früh Besorgungen machen
wollte.
Tivaro verließ das Haus durch die Garage seiner Eltern, nachdem er
dort einen Steinmeißel und einen kleinen dicken Eisenfäustel nahm und
in seinem Rucksack verstaut hatte. Dieses Werkzeug hatte sein Vater
einmal besorgt, als er eine Steinplatte für die Terrasse bearbeiten
musste. Schnurstracks verließ er dann das Haus und rannte zur
Bonameser U-Bahnhaltestelle.
In Gonzenheim wartete natürlich kein Bus mehr auf ihn, der ihn zum
Camp gefahren hätte. Tivaro wusste aber, dass es etwa zwei Kilometer
entfernt in Bad Homburg noch einen großen Busbahnhof gab, von dem
aus auch verschiedene Linien in den Taunus fuhren. Die Busfahrt
dorthin musste er aber wohl erst einmal von seinem Taschengeld
bezahlen.
Auf dem Weg zum Bahnhof kam Tivaro an einer Sparkasse vorbei.
Plötzlich wurde eine Glastür des Bankgebäudes aufgestoßen, und zwei
Männer liefen nach links über die Straße. Beide trugen schwarze
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Strumpfmasken. Einer der Männer steckte gerade eine Pistole in seine
Jacke, der andere hielt einen Plastikbeutel in der Hand. Tivaro blieb wie
angewurzelt stehen.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand ein Taxi mit
laufendem Motor. Der Mann mit der Waffe lief auf den Wagen zu und
zog sich hektisch die Strumpfmaske vom Kopf. Außer der Maske hielt er
auch noch so etwas wie eine Perücke in seiner Hand. Tivaro hatte gleich
erkannt, dass der Mann eine Glatze hatte. Er stieg auf der Beifahrerseite
ein und schlug die Tür hinter sich zu. Der andere machte sich
inzwischen am Kofferraum des Taxis zu schaffen. Als er eben den
Kofferraumdeckel öffnen wollte, ging die Beifahrertür wieder auf und
der Mann mit der Glatze rief nach draußen: »Mach hin, Albert! Und zieh
endlich die scheiß Maske ab!«
Der andere Mann gehorchte und zog sich ebenfalls die Strumpfmaske
vom Kopf. Dann stieg er mit der Tüte auf der Fahrerseite des Taxis ein
und zog die Tür zu. Tivaro war keine zehn Schritte vom Ort des
Geschehens entfernt und stand einfach nur erschrocken da. Sonst war
keine Menschenseele weit und breit zu sehen. Es bestand kein Zweifel:
Tivaro war soeben Zeuge eines Banküberfalls geworden! Sofort fiel ihm
auch der Steckbrief wieder ein. Ein Taxi als Fluchtwagen! Ich muss mir
das Kennzeichen merken, ging es Tivaro durch den Kopf.
Er bemühte sich, das Nummernschild zu erkennen, doch er war zu
weit von dem Wagen entfernt. Dann sah er, wie der Mann am Steuer
sich einen dunklen Hut aufsetzte. Ein unangenehmes Gefühl beschlich
ihn, und geistesgegenwärtig wollte er sich hinter einem Gebüsch
verstecken. Doch da wandte der Mann plötzlich den Kopf in Tivaros
Richtung und starrte ihm direkt in die Augen. Als sich ihre Blicke
begegneten, lief es Tivaro eiskalt den Rücken hinunter. Das war der
Mann, den er und Otto gestern Morgen zusammen mit den zwei
Blondinen in der U-Bahn gesehen hatten!
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Dann heulte der Motor des Taxis auf, und mit quietschenden Reifen
brauste der Fluchtwagen an Tivaro vorbei und war sogleich auf und
davon. Tivaros Beine zitterten etwas, und tausend Gedanken schossen
ihm durch den Kopf. Hat er mich auch erkannt? fragte er sich. Und
wenn, war das dann gefährlich? Oder war es nicht eher nützlich, dass er
ihn erkannte und auch jederzeit wiedererkennen würde? Er schulterte
nachdenklich seinen Rucksack und machte sich langsam weiter auf dem
Weg zum Busbahnhof. Wow! Wenn ich das Otto erzähle, dachte er
aufgeregt. Seine Schritte wurden schneller.
Leseprobe 2 (Der Einbruch)
»Guten Morgen«, gähnte Tivaro. Im Küchenradio liefen die Nachrichten:
»Kassel: Wie die hessische Gesundheitsbehörde mitteilte, hat die
Schweinegrippe nun auch den Norden Hessens erreicht. Im Raum Fulda
wurden zwei Kindergärten geschlossen. Bisher ist von über tausend infizierten
Fällen die Rede. Frankfurt: Bei der für kommenden Sonntag anstehenden
Oberbürgermeisterwahl in Franfurt am Main bahnt sich ein Kopf-an-Kopf-
Rennen zwischen den beiden Kandidaten Peter Pahn und Markus Main an.«
Tivaro schaltete das Gerät aus. Gleich nach dem Frühstück ging es los.
»Zum Glück muss ich heute nicht in irgendein Camp, sonst hätte ich
wieder nicht mitkommen können«, sagte Tivaro unterwegs auf dem Weg
zu Opas Haus.
»Was ist denn so wichtig an Opas Schlüsseln, dass du alles um dich
herum vergisst? Das macht mich langsam echt neugierig«, sagte Elise.
»Aber gut, dass wir noch einmal hinfahren. Ich werde ihm einen
Morgenmantel mitbringen.«
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»Wozu denn einen Morgenmantel? Opa kommt doch gar nicht aus dem
Bett.«
»Egal« sagte Elise kurz. Sie waren angekommen.
Opas Haus hatte eine untere und eine obere Wohnung. Die obere
bewohnte früher seine Frau, Oma Elke, die leider schon viel zu früh
verstorben war. Tivaro hatte sie nie kennengelernt.
Das Haus besaß ein Vorgärtchen, das mit einer Hecke zum
Straßenrand hin abschloss. Daneben verlief ein Bürgersteig entlang der
anderen kleineren Häuser in der Nachbarschaft.
Als Tivaro ausstieg, bemerkte er hinter Opas Haus sofort die knallrote
Ducati Multistrada. Sie hatte schwarze Ledersitze und stand einfach auf
dem Bürgersteig neben der Hecke hinter dem Haus. Besonders auffällig
aber war das Nummernschild mit Taunuskennzeichen und OO7, das
natürlich an James Bond denken ließ. Wer sich so ein Nummernschild
zulegt, muss doch ein wahrer Depp sein!, dachte Tivaro.
Tivaro kannte sich mit Motorrädern ganz gut aus. Sein Vater war
selbst Biker und hatte eine geländefähige Ducati in der Garage stehen,
mit der sie im Frühling oder im Sommer hin und wieder eine Spritztour
durch die Landschaft machten. Tivaro fand das Kennzeichen protzig und
irgendwie affig. Dennoch gefiel ihm das schnittige Motorrad sehr.
»Wir müssen Licht machen«, sagte Elise. »Im Haus ist alles dunkel. Ich
habe gestern Morgen die Rollläden im Erdgeschoss heruntergelassen.«
Vier Stufen eines Treppchens führten zur Haustür. Elise suchte in ihrer
Handtasche nach dem Hausschlüssel und wollte gerade aufschließen, als
die schwere Tür fast widerstandslos mit einem leisen Quietschen zurück
glitt. Sie war nur angelehnt. Beide standen wie erstarrt da.
»Ich habe gestern ganz sicher abgeschlossen«, sagte Elise hastig.
»Schhhhh!«, machte Tivaro leise und hielt seinen Zeigefinger an die
Lippen. Er trat vor und zog die Haustür am Rahmen noch ein Stück
weiter auf. Die Diele lag im Dunkeln, doch vorne links drang Licht aus
einem der Zimmer. Tivaro huschte ins Innere. Hinter sich hörte er noch,
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wie seine Mutter hektisch raunte: »Mensch, wenn da einer ist. Geh da
nicht rein!«
Ja, wenn da einer ist, dann ist da einer, ging es Tivaro durch den Kopf.
Mit einem Mal durchströmte ihn das Adrenalin und er fühlte, wie er
innerlich in Wallung geriet und sein Herz lauter pochte. Und dabei
fühlte sich Tivaro plötzlich ziemlich stark. Er blieb stehen und überlegte
kurz: auf einen Nahkampf wollte er es nicht ankommen lassen. Aber er
wollte den Dieb auf frischer Tat ertappen und ihn möglichst im Haus
einschließen, bis die Polizei kam.
Aus dem beleuchteten Zimmer meinte Tivaro plötzlich Schritte zu
vernehmen. Er lauschte. Und dann atmete er tief durch und rief laut und
entschlossen in den Flur: »Kommen Sie sofort raus hier. Sie sind
festgenommen.« Fast gleichzeitig schrie seine Mutter Elise draußen vor
der Haustür: »Hilfe!!! Einbrecher!«
Tivaros Herzklopfen wurde stärker. Plötzlich wurde es im
angrenzenden Zimmer laut. Sie hörten ein schleifendes und knatterndes
Rutschen, dass kurz darauf ruckartig endete.
»Er hat den Rollladen hochgezogen«, entfuhr es Tivaro
geistesgegenwärtig. »Der haut uns ab«, rief er und sprintete in Richtung
Zimmer.
»Tivaro, bleib zurück. Ich rufe die Polizei«, rief ihm Elise hinterher.
»Hilfe!!! Polizei!«
Tivaro blickte in den Raum und sah zunächst ein ziemliches
Durcheinander. Überall waren Schubladen aus ihren Kästen gerissen
worden und lagen auf den Fußboden herum. Die Türen der Schränke
standen weit offen, und quer über den Boden verstreut lagen Papier und
andere Gegenstände. Tivaro registrierte all dies in weniger als einer
Sekunde, denn sofort war sein Blick auf das offene Fenster gerichtet, in
dem ein Mann auf dem Sims kniete und gerade Anstalten machte, aus
dem Fenster ins Freie zu springen. Der Mann trug einen roten Sturzhelm
und unter seinem Lederanzug konnte man noch eine rotschwarze
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Kapuzenjacke erkennen. Die Hände des Ganoven umklammerten eben
noch den Fensterrahmen, als Tivaro mit einem Hechtsprung auf ihn
zustürzte und das Fenster blitzschnell zuwarf.
»Aaargghh!!! Meine Fingernägel!«, schrie der flüchtende Einbrecher. Er
war unsanft gelandet und rappelte sich nun wieder auf. Er schüttelte
seine linke Hand und blies ihr kühle Luft zu. Dann drehte er seinen
behelmten Kopf und blickte kurz nach oben zu Tivaro, der hinter dem
geschlossenen Fenster stand. »Scheiße, mein Handschuh«, fluchte er. Er
wollte erst durch das angrenzende Gebüsch nach draußen gelangen,
wurde aber unsanft von langen Dornen zurückgehalten. Daher setzte er
seine Flucht fort, indem er mit einem Satz über einen Drahtzaun sprang
und dann vor Tivaros Augen im Nachbargarten verschwand.
Ein jammervolles Jaulen ertönte plötzlich, gefolgt von einem
kläglichen Winseln.
»Du elende Töle. Was liegst du auch so dämlich im Weg«, fluchte der
Einbrecher, den Tivaro hinter dem Zaun nur undeutlich erkannte. Der
Mann wollte gerade seine Flucht fortsetzen, als plötzlich Leben in den
Nachbargarten kam. Mit einem wütenden Knurren stürzte sich das
Muttertier des kleinen Hundes aus dem Hinterhalt auf den verdutzten
Einbrecher, bellte aus tiefster Kehle und verbiss sich in ihm.
»Waaaah!«, schrie der Mann in Ledermontur. »Lass meinen Stiefel los, du
Mistvieh!«
Irgendwie gelang es dem Einbrecher schließlich sich loszureißen, denn
Augenblicke später setzte er seine Flucht wieder fort, indem er einfach
quer durch die Gartenhecke pflügte und der Länge nach auf dem
Gehsteig landete. Fluchend stand er auf und humpelte auf der Rückseite
des Hauses die Straße entlang. Tivaro folgte der Gestalt mit seinen
Blicken, bis sie um die nächste Ecke bog. Er öffnete das Fenster, um
weiter nach draußen sehen zu können. Dabei fiel ein schwarzer
Lederhandschuh nach draußen, der soeben noch zwischen Fenster und
Rahmen geklemmt hatte.
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»Bleiben Sie stehen, Mann!«, rief Tivaro laut nach draußen und »Halt!
Einbrecher!« Tivaro sah nach unten und frohlockte. Der Mann in Leder
hatte seinen Handschuh verloren. Ein herrliches Beweisstück! Und im
Nachbargarten lag wohl irgendwo noch einer seiner Stiefel herum.
Das Humpeln hinter dem Haus verstummte plötzlich, und Tivaro
konnte den Einbrecher nicht mehr sehen. Kurz darauf heulte ein starker
Motor auf, und einen Augenblick später traute Tivaro seinen Augen
nicht. Mit einem Hochstart kam die rote Ducati Multistrada um die Ecke
geschossen und raste noch einige Meter nur auf ihrem Hinterrad die
Straße entlang, vorbei an Tivaro, der mit seinem Mittelfinger aus dem
Fenster winkte und rief: »Du blöder Penner! Ich hab dein Kennzeichen!«
Tivaro atmete tief durch. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen:
Einbrecher auf frischer Tat ertappt. Auf der Flucht verliert er Schuhe
und Hacken. Außerdem sind Fluchtfahrzeug und Nummernschild
bekannt. Das waren denkbar gute Voraussetzungen für einen Fall. Mann,
wie blöd muss man sein!
Tivaro machte noch ein paar Handy-Fotos des verwüsteten Raumes
und ging dann gefasst zurück zur Wohnungstür. Scheinbar hatte der
Einbrecher nichts mitgenommen, doch Tivaro war sich sicher, dass der
Eindringling nach dem Schachspiel gesucht hatte.
Leseprobe 3 (Schock in der Nacht)
Als sie bei den Kirchners ankamen, hockte Tivaro sich oben in seinem
Zimmer gleich vor die Playstation. »In zwei Stunden sehen wir uns
wieder«, sagte er noch zu Otto, als er die Treppe hinaufstieg.
Sabrina führte Otto in ihr Zimmer im Erdgeschoss des
Einfamilienhauses. Daneben lag auch das Gästezimmer der Kirchners, in
dem Otto später schlafen sollte.
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Draußen war es dunkel und Sabrina machte Licht. In Sabrinas Zimmer
hatte sich die Tageshitze angestaut und sie öffnete ihr Fenster, das zum
Garten des Hauses zeigte.
»Mach das Licht aus, Sabrina«, sagte Otto und setzte sich auf Sabrinas
Bettkante. Gegenüber stand der Fernseher auf einem Sideboard.
»Nicht so schnell, Otto. Ich will noch nicht schlafen«, lachte Sabrina.
»Ist wegen der Mücken. Wenn das Fenster offen ist, dann kommen
hier tausend Viecher rein. Ich hasse die.« Otto versuchte gar nicht erst,
seine Abscheu vor stechenden, saugenden Insekten zu verbergen.
»Es ist aber so heiß«, stöhnte Sabrina. Dann zog sie ihr
Sommerjäckchen aus. Bis auf ihr Bikini-Oberteil trug sie nur noch einen
Rock.
»Dann mach das Licht aus«, verlangte Otto erneut.
»Willst du mich nicht sehen? Hast du etwa auch Angst vor
Mädchen?«, neckte Sabrina.
»Natürlich nicht«, entgegnete Otto. Dann griff er schnell nach ihrer
Hand und zog sie neben sich auf das Bett. Er legte sanft seinen Arm um
ihre Schulter und küsste sie. »Los, mach jetzt das Licht aus, bevor uns
irgend jemand sieht«, flüsterte sie.
»Okay, wir suchen nur noch schnell unseren Film.« Sabrinas Herz
pochte vorfreudig. Sie holte ein paar Kissen und drappierte sie auf ihrem
Bett zu einer gemütlichen Kuschelecke. Otto hatte zwei Büchsen Cola
geöffnet und beide genossen das kalte Getränk. Dann küssten sie sich
wieder und machten sich anschließend über Sabrinas DVD-Sammlung
her.
Zu Ottos Enttäuschung stammten die meisten Filme noch aus Sabrinas
Kindergartenzeit.
»Arielle, die Meerjungfrau war mal mein Lieblingsfilm«, verkündete
Sabrina.
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»Echt?«, gab Otto etwas desinteressiert zurück. Er zog die einzige
Scheibe, die nicht irgendetwas Rosafarbenes auf ihrem Cover zeigte, aus
dem Kasten. »Silvernight«, las Otto vor.
»Scheiße, den hat Saskia hier mal vergessen«, fiel Sabrina ein.
»Was ist’n das für einer?«, fragte Otto.
»Das ist so ein Vampir-Horrorfilm. Sowas würde ich mir nie alleine
angucken. Außer mit dir«, fügte sie hinzu und sah Otto mit strahlenden
Augen an.
»Besser als nichts«, gab Otto zufrieden zurück. Dann holte er noch die
mitgebrachten Snacks mit ins Bett, und Sabrina löschte das Licht.
Während des Films kuschelten sie miteinander.
Der Film gefiel beiden, und als er zu Ende war, zog sich Sabrina
wieder ihr Jäckchen an. Es war zwei Uhr geworden, und draußen hatte
der Wind etwas aufgefrischt.
»Mama und Papa kommen frühestens um drei. Bis dahin kannst du ja
mit Tivaro zocken«, sagte Sabrina.
Sie einigten sich beim nächsten Film auf Titanic, und Otto verließ
vergnügt Sabrinas Zimmer.
Tivaro erwartete seinen Freund bereits. »Komm, mach’s dir bequem.«
Otto setzte sich neben Tivaro auf einen Drehstuhl und nahm sich
einen der beiden Game-Controller.
»Na, was geht?«, fragte Tivaro.
»Alles easy«, gab Otto lässig zurück.
»Nein, ich meine, was da lief bei euch?«, wollte Tivaro wissen.
Otto grinste etwas verlegen. »Na, was halt so läuft. Komm, lass uns
mal loslegen.«
Sie spielten erst das Spiel Deutschland-Niederlande in der gleichen
Aufstellung wie am Abend und drehten den Ton wegen der guten Musik
auf, um ordentlich Stimmung zu machen.
Plötzlich klingelte das Telefon.
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»Willst du nicht rangehen?«, rief Otto durch den Lärm, nachdem
Tivaro keine Anstalten machte, sich zu bewegen.
»Nee, lass mal. Ist eh nur für meine Eltern«, entgegnete Tivaro und
drückte den Anruf einfach weg.
Tivaro hatte Deutschland übernommen und wollte sich nicht aus dem
Spiel bringen lassen. Er gewann 5:2 gegen Otto durch Elfmeterschießen.
Danach tauschten sie die Rollen, und Tivaro übernahm die Niederlande.
Sie spielten schon die zweite Halbzeit, und Otto ließ gerade Özil zu
Khedira flanken, als plötzlich das Licht aus ging und die Musik
verstummte. Das Stadion verschwand im Dunkel des Monitors, und das
ganze Zimmer war in düstere Nacht getaucht. Die Jungen waren
ziemlich verdutzt, und es dauerte ein paar Sekunden, bis ihre Augen
wieder einigermaßen sehen konnten.
»Was geht denn jetzt ab?«, fragte Otto.
»Keine Ahnung.«, meinte Tivaro etwas ratlos. »Vielleicht ist überall
Stromausfall.«
»Zu laut war’s hier ja wohl nicht«, fand Otto. »Vielleicht ein
Kurzschluss?«
Tivaro beschlich ein Verdacht. »Moment Mal! Der Sicherungskasten!
Der ist unten. Vielleicht hat uns ja Sabrina den Saft abgestellt. Diese
Ziege!«
«Sehen wir nach«, bot Otto an.
Sie erhoben sich von ihren Stühlen und tappten vorsichtig durch das
dunkle Zimmer.
Plötzlich klingelte das Telefon wieder, und die beiden Freunde
erschraken.
»Wir lassen es klingeln«, entschied Tivaro leise.
»Ist gut, aber warum flüsterst du denn?«, gab Otto zurück.
»Keine Ahnung. Aber du flüsterst ja selbst«, stellte Tivaro fest.
Das Telefon klingelte weiter.
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Sie tasteten sich zur Zimmertür vor und traten dann in den kleinen
Korridor hinaus.
»Hast du keine Taschenlampe?«, fragte Otto. »Ich sehe überhaupt
nichts.«
In diesem Augenblick ertönten plötzlich markerschütternde, gellende
Kinderschreie aus dem Erdgeschoss.
»Sabrina!!«, rief ihr Bruder Tivaro entsetzt. Ihm schlug das Herz bis
zum Hals, und seine Beine fingen an zu zittern.
»Komm!», rief er und zerrte an Otto, der genauso geschockt war.
Wieder tönten laute, angstvolle Schreie aus Sabrinas Kinderzimmer.
Ihre Stimme überschlug sich, und sie schrie und quietschte wie am
Spieß.
Die Jungen hasteten stolpernd die Holztreppe nach unten und
stürmten entschlossen auf Sabrinas Zimmer zu. Sabrina hatte aufgehört
zu schreien. Tivaro riss die Tür auf und wollte in das Zimmer
eindringen. Doch von drinnen wurde er vom Lichtkegel einer hellen
Taschenlampe geblendet und scharf ins Visier genommen …weiterlesen
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