Berühmt in der weiten, kunstverständigen Welt leuchten die einzigartigen Bilder an der Kirchendecke des Graubündner Dorfes Zillis. Von überallher kommen Besucher, einzig um diese wunderbaren alten Gemälde zu betrachten. Staunend schauen sie hinauf zum Bilderteppich, der ausgebreitet ist im Schiff der Dorfkirche. Das kleine Alpendorf bewohnen seit hunderten von Jahren einfache Bauern; bis in die Neuzeit hinein waren die Bergbauern Analphabeten. Wenn die leseunkundigen Bauersleute am Sonntag zur Messe kamen, konnten sie die Deckenbilder betrachten: Das ganze Leben Christi ist in den eindrucksvollen Bildern dargestellt – zur Vertiefung des Glaubens.
In der Bischofstadt Chur – zum großen Bistum gehörte damals Zillis – malte unter Anleitung eines theologisch hochgebildeten Benediktiners ein hervorragender Meister diese 153 Bildtafeln auf Tannenholz, brachte sie in das 1000 Meter hoch gelegene Dorf und montierte sie oben an der Kirchenschiffdecke; so wuchs die wunderbare Bilderfolge. Der Hauptteil der Bilderdecke wird umrahmt von der Darstellung des durch Dämonen beherrschten Ozeans; nach dem überkommenen Weltbild umgibt das unheimliche, Verderben bringende Weltmeer die bewohnte Erde. In dem finsteren Wasser wimmelt es von abscheulichen Tieren und menschenähnlichen Gestalten: dämonische Wesen, die den Menschen vernichten wollen.
Gott aber in seinem Erbarmen ist mächtiger als der auf Unheil und Verderben sinnende Widersacher: der Teufel mit seinem Dämonenheer. Zum Heil und Leben der sündigen Menschheit hat der Dreieine Gott den Sohn gesandt: Mensch geworden, hat er die Welt erlöst – am Kreuz. Tiefsinnig hat der Künstler die ganze Bilderfolge, gerade auch den tödlichen Meeresgürtel, durchwaltet gezeigt durch ein mächtiges Kreuz, gebildet im Ornament-Rahmen der einzelnen Felder.
Die große Folge der Bilder des Hauptteils beginnt im zu Ende kommenden Bund der Bereitung: Gott hat im endgültigen Bund der Erfüllung das Heil der Welt vollends herbeigeführt. Das irdische Leben des Retters der Welt ist von dessen Menschwerdung an dargestellt – bis zum Beginn der Passion. Da bricht die Bilderfolge an der Decke des Kirchenschiffes unversehens ab. Warum?
Im spätromanischen quadratischen Chor, wo der Altar stand, hat der Meister die Vollendung des Erlöserleidens an die Decke gemalt. Leider sind diese Passionsbilder zerstört. Deren Beschreibung ist eine der vielen Entdeckungen, die in diesem außergewöhnlichen, reich illustrierten Buch zu finden sind.weiterlesen