Ein junger Mann irrt durch eine Stadt, allein, unerkannt und unbehaust, ohne Ziel, ohne Zuflucht. Alles, was ihm in seiner Not noch bleibt, ist ein irrlichternder Geist, ein seismografisches Empfinden und seine Sprachgewalt. Der weltberühmte Roman des späteren Nobelpreisträgers wurde schon bei Erscheinen 1890 als literarisches Großereignis gefeiert. Nicht, was in ihm geschildert wird – nämlich die körperliche und seelische Zerrüttung eines Schriftstellers in Kristiania (dem heutigen Oslo) –, sondern, wie es geschildert wird, macht ihn zu einem Meilenstein der literarischen Moderne. Der desolaten Verfassung des frierenden und hungernden Ich-Erzählers entspricht ein fiebriger Sprachduktus, der Grenzerfahrungen des menschlichen Daseins wie Verzweiflung und Verlassenheit, Scham und Wahn nicht nur behauptet, sondern erstmals eine eigene radikale Erzählform dafür erfindet. Nie zuvor und selten danach sind Entbehrung und Hunger – der nach Brot wie der nach Anerkennung und Liebe – so ergreifend in Worte gefasst worden wie hier.weiterlesen