Ich zeichne mit dem Finger eine Tür auf die Wand
Gedichte. Mit einem Vorwort von Angela Gui und einem Nachwort von Kai Strittmatter
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Gedichte, zweisprachig Chinesisch - Deutsch
Aus dem Chinesischen von Karin Betz
Mit einem Vorwort von Angela Gui und einem Nachwort von Kai Strittmatter
Gefördert von der Palm-Stiftung Schondorf e.V.
In den Gedichten darf er ein Mensch sein, ein Schriftsteller, ein Schwede. In ihnen gibt es nicht nur einen Gefangenen aus Gewissensgründen, sondern auch ein denkender, fühlender und schreibender Mensch. Eine Person, die sich nach Hause sehnt.
Die elf hier veröffentlichten Gedichte hat Gui Minai von Oktober 2015 bis Oktober 2017 im Gefängnis geschrieben. Er gab sie seiner Tochter während der kurzen Zeit, in der er Ende 2017 in einer Art Gemeinschaftshaft lebte. „Ich musste meine Stimme finden“, sagte er. Und es ist sicherlich seltsam, dass er sie dort fand, wo er sie fand, dass eine Institution, die eigentlich vernichten sollte, stattdessen veredelt. Er sagte, es sei ihm wichtig, dass die Gedichte veröffentlicht werden.
"Für unliebsame Dichter haben sie den Kerker. Noch einmal zehn Jahre also. Zehn Jahre in einer Zelle wie jener, in der er viele der hier abgedruckten Gedichte schrieb. Wo er
In Ketten über den Boden kroch
Uralte Schriftzeichen vom Boden auflas
Mit den verbliebenen Zähnen
Leid und Verzweiflung hinunterschlang
Gui Minhai. Dichter, Buchhändler, Vater. Ein Chinese, ein Schwede, ein Europäer. Ein Mensch. Ein denkender Mensch, ein schreibender Mensch, in Ketten gelegt für sein Denken, für sein Schreiben. „Es wäre peinlich“, schreibt Gui Minhai, „an einem Ort, an dem die Sprache zu Stein erstarrt ist, nicht für seine Worte eingesperrt zu werden.“ Es wäre unverzeihlich, lauschten wir nicht diesen Worten und erwiderten wir sie nicht." Kai Strittmatter
Trotz des politischen Dramas, das sich in diesen Gedichten abspielt, erinnern sie vielleicht vor allem daran, wie Gui Minhei Leute korrigierte, die ihn als Chinesen beschrieben. „Nein, ich bin eigentlich Schwede“, sagte er. Schwedisch zu sein war und ist für ihn ein wichtiges Privileg. Es ist dieses eindringliche Schwedischsein, das die Gedichte durchdringt – Schweden ist die sichere Heimat, die im Gegensatz zur Welt steht. Aber er problematisiert auch sein eigenes Recht, sich als Schwede zu definieren: „Es kann doch nicht daran liegen, dass mein Name von weit her kommt? Es kann doch nicht daran liegen, dass meine Haut zu gelb ist?“, fragt er in dem Gedicht Lucia. Er beschreibt sich selbst als „ein verlassenes Kind in der schönen Welt“. Wenn man in seinem Heimatland fremd geworden ist es hilft nicht, die chinesische Sprache zu beherrschen, die weiche Wendungen des die Ningbo-Dialekts, freche Lieder und der singende Ska'n von Göteborg. Gui Minhai schreibt, dass niemand die Erinnerungen wegnehmen kann, schreibt, dass er „mit dem Finger eine Tür zeichnet“: Eine Einladung, einzutreten und ihm Gesellschaft zu leisten in den Erinnerungen an ein Zuhause für eine kurze Zeit. Vielleicht können wir den Ozean hören.weiterlesen
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