Ideologie und Herrschaftsrationalität
Nationalsozialistische Germanisierungspolitik in Polen
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Für die Forschung zur nationalsozialistischen Besatzungspolitik in Polen scheint der Befund eindeutig: Auf einen brutal geführten Krieg folgte der von der SS vorangetriebene Versuch, zumindest den annektierten Westen in einen »Exerzierplatz« rassischer Lebensraumpolitik zu verwandeln, in eine – so Himmler – »blonde Provinz«.
Gerhard Wolfs Analyse fördert indes Überraschendes zutage: Nicht der SS-Apparat war hier maßgeblicher Schrittmacher der Germanisierungspolitik, sondern die Zivilverwaltungen. Himmler schaltete sich erst ein, als diese eine Selektionspraxis durchsetzten, die die »völkische Zugehörigkeit« zum alles entscheidenden Selektionskriterium erklärten. Himmlers Anstrengungen, »völkische Zugehörigkeit« durch »rassische Eignung« zu ersetzen, reflektiert einerseits die zentrale Bedeutung von Rasse in der Weltsicht des SS-Apparats, andererseits aber auch die Absicht, den Selektionsprozess unter die Regie des Rasse- und Siedlungshauptamtes, also unter die eigene Kontrolle zu bringen. Himmler scheiterte schließlich an den Zivilverwaltungen. Diese waren nicht bereit, Macht abzutreten, zumal sie erkannten, dass die wirtschaftliche Ausbeutung dieser Gebiete und ihre dauerhafte Sicherung nicht gegen, sondern nur mit dem größten Teil der einheimischen Bevölkerung zu erreichen war; sie sollten gerade nicht als »rassisch minderwertig « vertrieben, sondern als »Deutsche« oder doch »Wiedereinzudeutschende« in die »deutsche Volksgemeinschaft « integriert werden. Der Verweis auf »Volk« war natürlich nicht weniger ideologisch, ermöglichte aber mit der »Deutschen Volksliste« ein Selektionsprogramm, das nicht auf »rassische« Merkmale, sondern auf kulturelle und soziale Praktiken setzte und Personen identifizierte, die bereit waren, sich der deutschen Herrschaft zu unterwerfen.
Gerhard Wolfs innovative Studie bricht mit den gängigen Annahmen über nationalsozialistische Besatzungspolitik, zeichnet Kontinuitäten der preußischen Germanisierungspolitik bis in die NS-Zeit nach und präsentiert die Akteure in den selbst geschaffenen Fallstricken ihrer Politik. Sie ist ein Plädoyer, die gängige Vorstellung vom nationalsozialistischen Deutschland als »Rassestaat« zu überprüfen.weiterlesen
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