Werfe eine Vorstellung in den Fahrtwind. Vielleicht landet sie in China. Diese Aufforderung ist ein Gedankenexperiment. In ihrer Kindheit verfasste Bignia Wehrli in Fantasieschrift Briefe, die sie während der Autofahrt aus dem Fenster warf, auf dass sie eines Tages, vom Wind getragen, in China ankämen. Als die Künstlerin dann 2006 während ihres DAAD-Stipendiums in eben jenem Land nach Tibet reiste, sollte sie das Phänomen Distanz während einer Busfahrt physisch erfahren. In Folge dachte sich Wehrli ein neues Spiel aus, um sowohl geographische als auch kulturelle Entfernungen zu überwinden, Verbindungen zu kreieren und ein Netz von Beziehungspunkten über die Welt zu spannen. Die Spielregeln von »Imagination Transfers« waren folgende: Einer stellt sich ein Bild vor und beschreibt es mit Worten. Ein Anderer bekommt die Beschreibung zugesandt und übersetzt sie in ein real existierendes Kunstwerk, welches an den Auftraggeber zurückgeht. So initiierte die ehemalige HfBKAbsolventin einen fortlaufenden Austausch von Imaginationen zwischen Europa und China, in dem auch die Stadt Dresden eine besondere Rolle einnimmt. Der Transfer machte Wehrli selbst zur analogen Schnittstelle zwischen zwei Kontinenten und leitete unwahrscheinliche Begegnungen zwischen Künstlern und Passanten in die Wege. Diese Begegnungen spielten sich zwar lediglich in der Vorstellung zweier Menschen ab, lösten jedoch zugleich einen Tauschhandel zwischen vorgestellten und realisierten Bildern aus. Es entstanden 18 Imaginationen, 14 davon wurden in Bilder übersetzt. Doch genauso wichtig wie die Produkte des Transfers sind die dokumentierten Reisespuren und Korrespondenzen, anhand derer Prozesse und Stationen, aber auch Stockungen in der Umsetzung des Projektes sichtbar und die zurückgelegten Distanzen und Zeiträume wahrnehmbar werden. Im Rahmen des temporären Ateliers arbeitete Bignia Wehrli diese heraus und präsentiert sie erstmalig in Form eines Buchentwurfs sowie einer Postkartenedition. Ergänzend wird sie in einer Lesung am 26. September 2015 Einblicke in das Erlebte gewähren. © Katja Dannowskiweiterlesen