Integration geteilter Fahrzeugflotten in makroskopische Verkehrsnachfragemodelle
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Ein grundlegendes Ziel der Verkehrsplanung ist es, möglichst gute Erreichbarkeiten für Verkehrsteilnehmende zu schaffen und gleichzeitig die negativen Auswirkungen des Verkehrs auf Menschen und Umwelt zu minimieren. Ein attraktives Angebot des öffentlichen Verkehrs (ÖV) kommt diesem Ziel zugute. Oftmals ist ein wirtschaftlicher Betrieb in schwach nachgefragten Orten und Zeiten jedoch nicht realisierbar. Mit der Hoffnung auf vollautomatisierte, fahrerlos fahrende Fahrzeuge und damit verbundene Kostensenkungen treten in diesem Zusammenhang zunehmend geteilte Fahrzeugflotten in den Blick des öffentlichen Interesses. Auf geteilten Fahrzeugflotten beruhende Sharingangebote bieten Verkehrsteilnehmenden die Möglichkeit, Wege entweder lediglich mit einem geteilten Fahrzeug zurückzulegen (Carsharing) oder aber auch die Fahrzeugfahrt zeitgleich mit anderen zu teilen (Ridesharing). Sowohl Carsharing als auch Ridesharing machen bisher nur einen sehr geringen Anteil der in Deutschland zurückgelegten Wege aus (MiD 2017, NOBIS UND KUHNIMHOF (2018)). Für zukünftige Szenarien sollten jedoch frühzeitig und möglichst objektiv und fundiert geeignete Wirkungsmechanismen identifiziert werden, um räumlich und zeitlich weitverbreitete Sharingangebote in eine verkehrsplanerisch zielführende Richtung lenken zu können. Verkehrsnachfragemodelle sind dafür ein geeignetes Mittel. In der Praxis verwendete Verkehrsnachfragemodelle bilden Sharingangebote bisher in der Regel nicht ab. Um diese zu integrieren, müssen sie erweitert werden. Grundlegend lassen sich zwei Arten der Nachfragebetrachtung in Verkehrsnachfragemodellen unterscheiden: mikroskopisch und makroskopisch. Nahezu alle Forschungsansätze zur Integration von Sharingangeboten in Verkehrsnachfragemodelle sind mikroskopisch, ein großer Teil der in der Praxis verwendeten Modelle jedoch makroskopisch (NARAYANAN ET AL. (2020), VOSOOGHI (2019)). In dieser Arbeit wird daher eine Methodik vorgestellt, um Sharingangebote in (bestehende) makroskopische Verkehrsnachfragemodelle zu integrieren. Im Fokus der Arbeit steht nicht die Bestimmung von Angebotsmerkmalen oder Verhaltensparametern der Verkehrsteilnehmenden. Vielmehr wird eine Methodik zur Untersuchung dieser Annahmen aufgezeigt. Die Methodik ermöglicht eine Rückkopplung zwischen Angebot und Nachfrage und orientiert sich am klassischen Vier-Stufen-Algorithmus. Dieser wird unter anderem um Schritte zur Abbildung betriebsseitiger nachfrageabhängiger Prozesse ergänzt. Dabei werden Fahrtenbündelung und Umlaufbildung unterschieden. Die Fahrtenbündelung ist nur für Ridesharing relevant und fasst voneinander unabhängige Personenfahrten in Fahrzeugfahrten zusammen. Die Umlaufbildung verkettet Lastfahrten der Sharingfahrzeuge mittels Leerfahrten zu Fahrzeugumläufen und berechnet die benötigte Flottengröße. Die von FRIEDRICH ET AL. (2018) und RICHTER ET AL. (2019) bzw. HARTLEB ET AL. (2021) vorgestellten Algorithmen bilden die Grundlage dieser Schritte. In Bezug auf die Bündelung werden in der vorliegenden Arbeit vertiefende Untersuchungen durchgeführt, die den Einfluss der vom Betreiber garantierten maximalen Fahrgast-Wartezeit sowie den Einfluss der makroskopischen Nachfragebetrachtung auf den Bündelungsgrad untersuchen. Im Bündelungsalgorithmus nach FRIEDRICH ET AL. (2018) und RICHTER ET AL. (2019) wird eine stetige und abschnittsweise abwechselnd konstante oder linear steigende Funktion zur Berechnung der Fahrzeuglastfahrtanzahl in Abhängigkeit der Personennachfrage genutzt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird eine alternative Funktionsform entwickelt, die sich bei zunehmender Personennachfrage einem linear steigenden Verlauf annähert. Darüber hinaus wird ein summenerhaltender Rundungsalgorithmus vorgestellt, der es ermöglicht zeitintervallspezifische Nachfragematrizen ganzzahlig zu runden. Die in dieser Arbeit präsentierte Modellierungsmethode ist sowohl für ganzzahlige als auch nicht-ganzzahlige Nachfrage geeignet. Des Weiteren werden die klassischen Schritte des Vier-Stufen-Algorithmus zur Integration von Sharingangeboten angepasst. Je nachdem ob das Sharingangebot als Teil des ÖV oder in Konkurrenz dazu angeboten wird, stehen unterschiedliche Schritte im Vordergrund. Wird Sharing in Konkurrenz zum ÖV angeboten steht die Erweiterung der Moduswahl im Vordergrund. Eine beispielhafte Erhebung und Modellschätzung zeigen einen möglichen Weg auf. Wird Sharing als Teil des ÖV angeboten, sollte es möglichst nicht in direkter Konkurrenz zu bestehenden fahrplangebundenen Angeboten stehen, um diese nicht zu schwächen. Es wird ein Ansatz vorgestellt, der auf einer räumlichen Trennung der Angebotsformen beruht. Dabei wird fahrplangebundener ÖV, direktes Sharing, bei dem Sharing als einziges Verkehrsmittel auf einem Weg genutzt wird, und Sharing als Zubringer zu fahrplangebundenem ÖV unterschieden. Sharing als Zubringer wird in die fahrplanbasierte ÖV-Umlegung eingebunden, um Abfahrten von Bussen und Bahnen als Referenzpunkte für Abfahrts- und Ankunftszeiten der Sharingfahrzeuge verwenden zu können. Die vorgestellte Modellierungsmethode wird in einer Fallstudie zu in den ÖV integriertem Ridesharing im makroskopischen Verkehrsnachfragemodell der Region Stuttgart angewendet. Es werden Szenarien untersucht, in denen im peri-urbanen Planungsraum vorhandene Buslinien durch Ridesharingangebote ersetzt werden. Je nach gewünschter Verbindung wird Ridesharing als Zubringer zu schienengebundenen Verkehrsmitteln oder direkt angeboten. Insbesondere direktes Ridesharing kann den ÖV attraktiver machen. Das führt jedoch auch zu erhöhten betrieblichen Aufwänden und erhöhten durchschnittlichen Reiseweiten im Planungsraum. Die Attraktivitätssteigerung durch Ridesharing als Zubringer ist aufgrund des systemimmanenten Umstiegs und benötigter Pufferzeiten zur Abfederung von Fahrtzeitschwankungen begrenzt. Insgesamt liegt der durchschnittliche Besetzungsgrad der Fahrten in allen Szenarien niedrig. Das ist unter anderem auf die im peri-urbanen Raum typischerweise räumlich und zeitlich disperse Nachfragestruktur zurückzuführen. Ridesharingangebote sind somit insgesamt dazu geeignet das ÖV-Angebot attraktiver zu machen, jedoch ist ihre Effizienz in peri-urbanen und ländlichen Räumen beschränkt. In Städten wiederum, die eine hohe räumlich und zeitlich gebündelte Nachfrage aufweisen, ist es unter verkehrsplanerischen Aspekten wünschenswert den bestehenden ÖV nicht zu schwächen. Die vorgestellte Modellierungsmethodik bereitet einen Weg, um bereits im Vorfeld der Etablierung potenziell bedeutender Sharingangebotsformen Wirkungszusammenhänge zu identifizieren, und ermöglicht somit eine zielgerichtete Verkehrsplanung.weiterlesen
Dieser Artikel gehört zu den folgenden Serien
20,00 € inkl. MwSt.
kostenloser Versand
lieferbar - Lieferzeit 10-15 Werktage
zurück