Irrtum über wesentliche Eigenschaften.
Dogmatische und dogmengeschichtliche Untersuchung.
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Der Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person oder Sache, den § 119 Abs. 2 BGB zum Grund für die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts macht, bereitet Rechtswissenschaft und -praxis erhebliche Probleme. Prominentes Beispiel ist die Bewältigung der Konkurrenz von Sachmängelhaftung und Irrtumsanfechtung. Trotz der hier auftretenden Schwierigkeiten wird jedoch eine Prämisse bei der Auslegung so gut wie nie in Frage gestellt, nämlich daß die verkehrswesentliche Eigenschaft, von der das Gesetz spricht, ein tatsächlicher Umstand, der Eigenschafts- mithin ein Sachverhaltsirrtum ist. Ist der relevante Eigenschaftsirrtum statt dessen eine Fehlvorstellung über die rechtsgeschäftlich bestimmte Sollbeschaffenheit einer Person oder Sache und damit Unterfall des Inhalts- und Erklärungsirrtums im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB, lösen sich nicht nur die Probleme, vor die der Umgang mit Abs. 2 stellt.
Mit der Konzentration des wesentlichen Irrtums auf die Fehlvorstellung über den Inhalt der eigenen Erklärung zieht man zugleich eine Lehre aus der zweitausendjährigen Geschichte des Irrtumsrechts. Für die klassischen römischen Juristen stand fest, daß geschäftshindernd nur der Irrtum über den Inhalt des Vertrags wirkte. Der Irrtum über die tatsächlichen Eigenschaften des Geschäftsgegenstandes wurde erst in der byzantinischen und mittelalterlichen Rechtswissenschaft zum Konsenshindernis. Als Filter der relevanten Fehlvorstellungen fungierte später das Kausalitätskriterium, also die Frage, ob der Irrtum für die Vornahme des Geschäfts ursächlich war. Die naturrechtliche Rechtsgeschäftslehre, die das theoretische Fundament für diese Lösung bildete, drängte jedoch zu ihrer Selbstaufhebung. Die notwendige, von den meisten Interpreten des BGB aber bis heute noch nicht gezogene Konsequenz besteht darin, den Eigenschaftsirrtum als Fehlvorstellung über die eigene Erklärung zu begreifen. Nur in diesem Fall liegt nämlich ein Risiko, von dem sich nicht behaupten läßt, der Irrende habe es durch den Geschäftsabschluß freiwillig übernommen.weiterlesen
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