Jüdische Schicksale in und aus Lettland und Litauen
Ein Lesebuch der Edition Schoáh & Judaica
Produktform: Buch
Das vorliegende Lettland-Litauen-Lesebuch der Edition Schoáh
& Judaica ist nicht sehr umfangreich, hat es aber in sich.
Kaddisch in Estland: Am 3. September 1943 kommt eine neue
"Aktion", Benjamin Anolik kann mit viel Glück dem Tod
entkommen, durchlebt und durchleidet dann verschiedene Arbeitslager
in Estland, trifft im Lager Kloga sogar seinen Vater
wieder, der jedoch das Kriegsende nicht erlebt und ebenso wie
seine Mutter erschossen wird. Benjamin und sein Bruder Nisja
überleben: "Soldaten der Roten Armee gaben uns etwas zu
essen und anzuziehen. Wir waren frei. Unsere Befreier gaben
uns unsere Menschenwürde zurück. Es war der 24. September
1944. Unsere Familie und das alte große jüdische Wilna,
das 'Jerusalem der Diaspora', wird es jedoch nie wieder
geben." Einige Porträts von Judenrettern "Gerechte
unter den Völkern" runden diese bewegenden Überlebens-
und Nichtüberlebensgeschichten ab.
Kaddisch in Lettland: Juden lebten seit dem 16. Jahrhundert in
Kurland (Süden) und Livland (Norden), Landschaften des späteren
und heutigen Lettland. Anfang des 20. Jahrhunderts
waren es ca. 200.000 Menschen, ca. 5% der Gesamtbevölkerung,
teilautonom, bis 1941 sollen es noch ca. 100.000 gewesen
sein, davon ca. 40.000 in Riga, die anderen vor allem in
Dwinsk und Liepaja (Libau) (vgl. in Max Kaufmann S. 33 ff.).
Von 1918 bis 1940 war Lettland ein unabhängiger Staat und
ist es wieder seit 1991. Von den ca. 94.000 Juden im Jahre
1935 in Lettland konnten ca. 15.000 in die Sowjetunion fliehen,
von den verbliebenen ca. 79.000 sollen insgesamt nicht
mehr als höchstens etwa 3.000 überlebt haben, davon ca. 1000
die deutsche Besatzung im Lande, ca. 150 die deutschen
Lager, einige Dutzend als Partisanen, der Rest irgendwie.
Kaddisch in Litauen: Jüdisches Leben in Litauen begann in
der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und wurde nach einer
wechselhaften, aber alles in allem unvergleichlich kreativen
Zeit von rund 600 Jahren innerhalb von nur drei Jahren durch
Deutsche fast restlos vernichtet. Mit 94% liegt der Prozentsatz
ermordeter Juden im Vergleich zu allen deutschbesetzten Gebieten
einschließlich des deutschen Reiches selbst in Litauen
bei weitem am höchsten. Während der sowjetischen
Okkupation 1940/41gab es erste drakonische antijüdische
Maßnahmen, vor allem die Verbannung von ca. 7.000
litauischen Juden nach Sibirien, was sie allerdings zugleich
vor den anrückenden deutschen Sonderkommandos rettete.
"Was Stalin nicht zu vernichten vermochte, vollendete Hitler",
bemerkt Grigori Smoliakov lakonisch: "Das war das Ende
einer einzigartigen Jüdischen Gemeinde in Litauen die vollständige
Ausrottung. Mit einem Wort, es gab Juden in Litauen,
und es gibt sie nicht mehr. Davon zeugen die verwahrlosten
und entweihten Friedhöfe, in in Lagerhallen verwandelte
Synagogen und Gebetshäuser und die Straßen, die mit
jüdischen Grabsteinen gepflastert sind." Bescheidene Zeichen
werden bleiben: "Denkmäler, Gedenktafeln, Geschichtsbücher
und Literatur."weiterlesen