Die Idee zum vorliegenden Sammelband Jüdischkeit im Holo-caust kam mir an einem durchaus passenden Tag, nämlich an Rosch Haschaná 2023, dem jüdischen Neujahrsfest und Beginn des jüdischen Jahres 5784 Mitte September 2023. Zuerst dachte ich nur an jüdische Feiertage im Holocaust, ob und wie sie begangen wurden, dokumentiert in den Erinnerungen meiner Edition Schoáh & Judaica.
Das schien mir aber bald zu eng gefasst, denn es sollte auch Platz sein für Erinnerungen an die "guten alten Zeiten" vor dem Zweiten Weltkrieg, vor der Judenverfolgung und Judenvernichtung durch die Deutschen, Erinnerungen an die sogenannte "Reichskristallnacht" wie auch Ausblicke in und Hoffnungen nach dem Inferno auf eine mögliche Zukunft in Palästina und schließlich auch Gedanken nichtjüdischer Mitgefangener, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in manchen Internierungs-lagern humanitären Dienst taten.
Aber wie nennt und betitelt man ein so breites Spektrum von Erinnerungen? Ich habe darüber gebrütet (nocte dieque incubando!), um schließlich zu dem Begriff "Jüdischkeit" zu gelangen, der zunächst vielleicht etwas fremd und exotisch an-muten mag, mir aber doch am besten für die vorliegende Sammlung zu passen scheint. Dazu heißt es im Wiktionary Wörterbuch schlicht "Einstellung/Identität" (22.09.2023). Hier soll dieser Begriff alle Erinnerungen von Jüdinnen und Juden (wie auch Nichtjuden) im Holocaust an alles abdecken, was sie samt anwesender Nicht-Juden als Jüdisch-relevant empfanden. Jüdischkeit heißt Überlebensgeist und Überlebenskraft.weiterlesen