'Julie, oder Wettstreit der Pflicht und Liebe' wird am 27. April 1767 am National- theater in Hamburg nach Cronegks Olint und Sophronia als zweites deutschsprachiges Stück aufgeführt, das in das Spielprogramm des neu gegründeten Unternehmens aufgenommen wird. Lessings hauptsächlich kritische Besprechung von Heufelds Drama erscheint im achten und neunten Kapitel seiner 'Hamburgischen Dramaturgie'. Franz Heufeld (1731–1795), dem 1773 die erste Hamlet-Inszenierung in deutscher Übersetzung zu verdanken ist, greift in seinem 'rührenden Lustspiel' gattungstheoretisch auf Gellerts Abhandlung 'Pro comoedia commovente' (1751) sowie inhaltlich auf Rousseaus 'Nouvelle Héloïse' (1761) zurück. Der Anspruch auf Komprimierung der Romanhandlung bereitet Heufeld erhebliche Schwierigkeiten. Die Übernahme einzelner Diskursebenen aus Rousseaus epischem Werk gleicht die Unebenheiten bei der Behandlung des Stoffes keinesfalls aus. Die Anforderungen des Rührstück-Modells, das Heufeld bedienen will, führen zu einer drastischen Vereinfachung der Charaktere gegenüber Rousseaus Vorlage. Jedoch stellt das Stück an der Auseinandersetzung zwischen den adligen und den bürgerlichen Figuren mit unleugbarer Lebendigkeit soziokulturelle Paradigmenwechsel dar, in denen Ansätze zur Neubesetzung eines weiten Begriffsrepertoires unschwer zu erkennen sind.weiterlesen