Interessante Berührungspunkte gab es schon im 13. und 14. Jh.: 1270 bis 1276 herrschte der Böhmenkönig Přemysl Ottokar II. über Kärnten; er führte das Amt des Kärntner Landeshauptmannes ein. Ab 1307 war der Kärntner Herzog Heinrich für kurze Zeit König von Böhmen. Am engsten waren die Beziehungen im 19. Jh.: Der Prager August Jaksch-Wartenhorst stand an der Wiege der Kärntner Geschichtsforschung; der aus dem Raum Budweis stammende Gurker Bischof Adalbert Lidmansky holte auch tschechischsprachige Priester nach Kärnten und stieß damit auf den Widerstand der deutsch-freiheitlichen Bewegung. Böhmen war in der letzten Phase der Monarchie berühmt-berüchtigt für seine nationalen Kämpfe; nach dem Ende des Vielvölkerstaats fiel im Nachfolgestaat (Deutsch-)Österreich Kärnten die Rolle als „Laboratorium ethnischer Gegensätze“ (Höbelt) zu. Schließlich die Kunst: Anton Kolig stammte aus Mähren; Giselbert Hoke, geboren und aufgewachsen in Nordböhmen bzw. in den deutschen Gebieten der Tschechoslowakei, blieb nach dem Zweiten Weltkrieg in Kärnten.
Östlich von Böhmen und Mähren liegt Schlesien. Die Schlesier haben eine adelige mittelalterliche Klostergründerin als Landespatronin, die hl. Hedwig, wie Kärnten die hl. Hemma hat. Das evangelische Teschen wurde zur Keimzelle des österreichischen Protestantismus nach dem Toleranzedikt Kaiser Joseph II. (1781). Auch die damals neu installierten evangelischen Pastoren in Kärnten mussten sich ihre Bestätigung beim Konsistorium im schlesischen Teschen holen. Die große Gesamtstaatsreform unter Maria Theresia wurde als Modell zuerst in Österreichisch-Schlesien durch den schlesischen Grafen Haugwitz nach preußischem Vorbild erprobt. Die ersten beiden Länder, deren Verwaltungsorganisation man umkrempelte, waren Kärnten und Krain. Später kam noch einmal frischer Wind aus dieser Richtung – der erste Kärntner sozialdemokratische Landeshauptmann (1921-1923), Florian Gröger, war Schlesier. Auch die Zweite Republik begann in Kärnten mit einem gebürtigen Schlesier als Landeshauptmann, Hans Piesch. Und schließlich: Die Grafen Henckel von Donnersmarck, schlesische Magnaten mit enormen Grund-, Bergbau- und Industriebesitz in Oberschlesien, kauften sich 1846 im oberen Lavanttal an und bauten Schloss Wolfsberg im romantisch-historischen Stil großartig um. Kärnten hat dadurch in der Architektur den Anschluss an die Gründerzeit europäischer Dimension gefunden.
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