Im Winter 1942/43 fliehen italienische Soldaten in Schuhen mit dünnen Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfrieren. Der „Rückzug aus Russland“ hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt – auch in der Familie von Francesca Melandri. Ihr Vater hat ihn überlebt. Erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: In Russland ist der Vater kaum gewesen, er war vor allem in der Ukraine. In den wenigen Anekdoten über diese Zeit zeigt sich der Vater als schlitzohriges Glückskind: Er findet zufällig wärmende Überschuhe, foppt die Sowjets und treibt angeblich sogar Nikita Chruschtschow zur Weißglut. Doch was hat er dort wirklich erlebt, warum war er überhaupt dort? Und war er danach tatsächlich Partisan? Francesca Melandri blickt hinter die Urszenen der Familienmythologie und beginnt eine spannende Recherche auf den Spuren des Vaters. Ein berührendes Zwiegespräch mit einem geliebten Menschen: ein wichtiges, schonungsloses Buch über das, was der Krieg in Körpern und Köpfen anrichtet, über das Erzählen als Überlebenskunst – und unsere historische Pflicht angesichts des brutalen Angriffs auf die Ukraine, die Stille zum Sprechen zu bringen.weiterlesen