James Gillray (1756–1815) war der führende Karikaturist Englands. Anhand seines Werks findet Christina Oberstebrink zu einem neuen Verständnis der Gattung Karikatur. Ihr Buch leistet durch seinen innovativen Ansatz einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung der Karikatur und damit der Auflösung der klassischen Kunsttheorie im 18. und frühen 19. Jahrhundert.
Im englischen 18. Jahrhundert bildete sich ein neues Genre in der Kunst heraus: die politische und gesellschaftliche Bildsatire. Ihre Blütezeit fällt mit der Gründung der Royal Academy und dem Versuch zusammen, akademische Normen in der englischen Kunst durchzusetzen. Die Werke James Gillrays, eines ehemaligen Studenten der Academy, wurden herabwürdigend als 'Karikaturen' bezeichnet und dennoch fleißig gesammelt. Die Zeitgenossen betrachteten Gillrays Werk als einerseits unflätig, geschmacklos, ungebildet, niedrig und einfältig, andererseits als sublim, originell und phantasiereich. Diese disparaten Äußerungen der Kritik werden erst durch die Rekonstruktion der theoretischen Grundlagen der Karikatur verständlich. Christina Oberstebrink nähert sich der Thematik, indem sie versucht, die Gattung Karikatur und ihre Prinzipien von der literarischen Gattung Satire in aristotelischer Tradition zu verstehen. Diese Vorgehensweise führt zu verblüffend aufschlussreichen Ergebnissen.
James Gillray, englischer Karikaturist und Radierer, berühmt für seine beißende Kritik an Politik und höfischer Dekadenz. Zu seinen bevorzugten ›Opfern‹ zählten das englische Königshaus und Napoleon.
Der reich illustrierte Band bietet daher eine Vielzahl erhellender Aufschlüsse nicht nur für Kunsthistoriker, sondern vor allem auch für Historiker, die im Zeitalter des "visual turn" nach substantiellen Anregungen zum Verständnis der bildlichen Dimension von Geschichte suchen.
[Detlev Mares, Das Historisch-Politische Buch]weiterlesen