Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Nationalismus zum Hauptausdruck des Widerstands gegen den westlichen Imperialismus in einer Vielzahl von Regionen, vom indischen Subkontinent über Afrika bis hin zu Teilen Lateinamerikas und dem pazifischen Raum. Mit der Bandung-Konferenz und der Bewegung der blockfreien Staaten schlossen sich viele ehemalige Kolonien Europas zu einem gemeinsamen Block zusammen, der weder mit der fortgeschrittenen kapitalistischen “ersten Welt” noch mit der sozialistischen “zweiten Welt” in Einklang stand. In diesem historischen Kontext entstand die Kategorie “Literatur der dritten Welt”, die innerhalb kürzester Zeit eine ganz eigene Disziplin wissenschaftlicher und kritischer Studien hervorgebracht hat, insbesondere in westlichen Wissenschaftskreisen, aber auch zunehmend in den Heimatländern dieser Literatur in der “dritten Welt”.
In “Klassen, Nationen und Literaturen” stellt sich Aijaz Ahmad gegen die wachsende Tendenz zur Homogenisierung der Literaturen und Kulturen der “dritten Welt” und äußert statt dessen eine lebhafte Kritik an den wichtigsten theoretischen Aussagen zum “Kolonialdiskurs” und zum “Postkolonialismus”, wie sie durch Fredric Jameson, Edward Said und der Subaltern Studies Group bekannt geworden sind. Darüber hinaus widmet sich Ahmad aber auch brillanten Analysen des Konzepts der “indischen Literatur”, der Genealogie des Begriffs “dritte Welt” und den Bedingungen, unter denen die sogenannte “koloniale Diskurstheorie” in den intellektuellen Kreisen der westlichen Metropolen entstand. Zusammen genommen unternimmt Ahmad also eine Neuvermessung der Terrains dieser Kulturtheorien, die den momentanen Diskussionen über Postkolonialismus eine wichtige neue (Gegen-) Stimme hinzufügt.weiterlesen