Das Debüt von Ricarda Kiel ist ein fulminantes: Im Wechsel von erzählenden Gedichten und dreizeiligen Miniaturen spricht hier eine Stimme, die Lässigkeit und existenzielle Fragen mühelos verbindet. Outfits für die Postapokalypse treffen auf beleidigte Innenkopfvögel, die Blaubeeren suchen wir noch, aber „Pilze sagste haste“.
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Ich enthülle
meine Tätowierungen.
Im Nacken ein NEIN,
das sollte mir helfen,
aber ich sehe es nicht.
Über der gesamten Brust
die sich umarmenden Kummeraffen,
und sollte ich mal Kinder kriegen,
sie werden beim Säugen in ihre
vier Augen schauen.
Auf den Armen E-Mails, die ich
trunken hastig notiert habe.
Am Rücken ein einzelner Pinguin im Frack.
Auf der Leber ein geschnitzter Greifvogel.
Daneben eine Schildkröte
mit abgebrochenem Kopf.
Oh Frauen und ihre Tiere!
Aber immerhin:
Ich ziehe den Bauch nicht mehr ein.
Die Beine hoch Aufzeichnungen
von meinen Geburtstagen,
über den Pobacken ein paar Träume.
Alles bleibt an mir hängen
und trocknet dort.
Auf den Fußrücken
links ICH BIN ALLEINE und
rechts ICH BIN EIN TEIL,
und an der Ferse ein Gewitter,
das mir mal gefallen hat.weiterlesen