Im Mittelpunkt dieser Darstellung steht der chilenische Liedermacher Victor Jara, der vor allem durch seine Zusammenarbeit mit der Unidad Popular, der Partei des ermordeten chilenischen Staatspräsidenten Salvador Allende, international bekannt geworden ist. Ina Braun liefert eine knappe Darstellung von Jaras Leben und Wirken, wobei sie auch auf die politische Entwicklung in Chile eingeht, ohne die Jara nicht zu verstehen ist. Brauns Anliegen besteht vor allem darin, Jaras Lieder im Kontext der chilenischen und lateinamerikanischen Geschichte zu betrachten. Zudem glaubt die Autorin, dass Jara mit seinen Liedern Partei ergreift "im Sinne der lateinamerikanischen Philosophie der Befreiung" (S. 13). Das ist eine mutige Behauptung, die von der Autorin allerdings nicht in diesem Sinne belegt wird. Natürlich darf man nicht vergessen, dass die sogenannte Philosophie der Befreiung eine Philosophie ist, die keinesfalls aus dem Nichts entstanden ist. Ihre Wurzeln gehen weit in die lateinamerikanische Geschichte zurück – und Jara, der in seinen Liedern auch Traditionen der Indigena Chiles aufgreift und sich auf die Volkskultur besinnt ist selbstverständlich in gewissem Sinne ein Vorbereiter der Ideen dieser Philosophie. Die einführenden Erläuterungen der Autorin geben einen guten Einblick in die Welt Victor Jaras und leiten dadurch auf den eigentlichen Hauptteil des Buches hin: die Erklärung einzelner Lieder des chilenischen Sängers. Insgesamt elf Liedtexte werden von Ina Braun untersucht. Dabei werden alle diese Texte auch in spanischer Sprache abgedruckt, leider wird nur ein Song (Zamba del Che) auch ins Deutsche übertragen. Die Übersetzung aller Liedtexte ins Deutsche hätte dem Buch sicher noch einen breiteren Leserkreis verschafft. Insgesamt eine gelungene und interessante Untersuchung, die einen Künstler, der zu Unrecht viel zu sehr in Vergessenheit geraten ist, einem breiteren Publikum wieder bekannt macht.
Mario Koch
AmerIndian Research, Bd. 6/3 (2011), Nr. 21 Seite 202-203weiterlesen