Lilly Keller
Literarisches Portrait Fredi Lerch
Produktform: Buch
Im Mai 2011 hatte ich als freier Journalist für die Wochenzeitung WOZ einen grossen Bericht abzufassen über die Ausstellung 'Lilly Keller – entre ciel et terre' im Kunsthaus Grenchen. Ich lernte die Künstlerin dort während des Aufbaus der Ausstellung kennen und wir kamen ins Gespräch. Unter anderem erwähnte sie, dass sie – in Montet (VD) und in Thusis (GR) – zwei Wohnsitze habe und gedenke, Montet zu verkaufen und ganz ins Graubünden zu ziehen. Sie erzählte auch, dass sie seit den frühen 1960er Jahren zusammen mit ihrem 2008 verstorbenen Lebenspartner, dem Künstler Toni Grieb, in Montet gelebt und dort ein altes Bauernhaus mit Umschwung zu einer ganz eigenen Welt gestaltet habe: wie ich mich später selber überzeugen konnte zu einem einmaligen Ineinander von Natur und Kultur, imposanten Koniferen- und Bambusbeständen in einem weitläufigen Park und einer mit grossem Geschmack gestalteten, mit vielen eigenen und fremden Kunstwerken durchsetzten, praktisch funktionierenden Lebenswelt. Gleichzeitig gehörten Grieb und Keller zum weitläufigen Netzwerk der als legendär geltenden Berner Kunstszene der 50er und 60er Jahre im Umfeld der Berner Kunsthalle in den Zeiten von Arnold Rüdlinger bis Harald Szeemann, zu der etwa Meret Oppenheim, Peter von Wattenwyl, Jean Tinguely, Bernhard Luginbühl oder Walter Pips Vögeli gehört haben.
Da ich mich als Journalist und Publizist seit mehreren Jahren intensiv mit der Form der Langzeitreportage auseinandersetze, machte ich Lilly Keller Anfang Juli 2011 den Vorschlag, sie von nun an bis zum tatsächlichen Verkauf von Montet (er ist bis heute noch nicht erfolgt, es gibt allerdings Interessenten) zu begleiten. Meine Idee: Sogar wenn es gelänge, das 'Gesamtkunstwerk' Montet an jemanden weiterzugeben, der es unverändert übernähme, würde doch ein bedeutender Teil des Sinns, der in ihm steckt, untergehen: Zwar würden die Gegenstände bleiben, aber die Geschichten, die für Lilly Keller mit ihnen untrennbar verbunden sind (quasi die narrative Aura der Dinge), würden unwiederbringlich verloren gehen.
Keller war damit einverstanden, mich in regelmässiger Unregelmässigkeit zu empfangen und mich in ausführlichen Gesprächen in ihre Welt einzuführen.weiterlesen