Literarische Krisenreflexionen im Zeichen der Ökologie
Mensch-Umwelt-Beziehungen in Annette von Droste-Hülshoffs Dichtung
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Klappentext
Erkenntnisse über den anthropogenen Klimawandel veränderten in den vergangenen Jahrzehnten das Nachdenken über Konzepte der Moderne und Prozesse der Modernisierung. Sie führten zu einer intensivierten Aufmerksamkeit auf die vielfachen Verflechtungen von Natur und Kultur sowie zu einer Reihe an Vorschlägen für deren methodische und theoretische Erschließung. In diesem Kontext haben sich die Environmental Humanities zu einem bedeutsamen Forschungsfeld in den Geistes- und Kulturwissenschaften entwickelt. Auch das Verhältnis von Literatur und Ökologie hat in diesem Zuge eine neue Konjunktur erfahren. Die Kritik an Modernisierungsprozessen und Aktualisierungen der Romantik werden dabei im gesellschaftlichen Diskurs ebenso wie in fachwissenschaftlichen Studien vielfach aufeinander bezogen. Im Rückspiegel der Spätmoderne erscheint die Zeit um 1800 als eine Zeit, in der sich Natur, Zeit- und Raumerfahrungen in systematisch relevanter Weise verändern und sich ein genuin ökologisches Denken herausbildet. In dieser Perspektive rücken die Gründungsphase der modernen Biologie und Naturwissenschaften sowie die Hochzeit der Naturphilosophie und der Verflechtung von Wissenschaft und Ästhetik in den Blick: die Zeit also, in der Vorstellungen der Natur als Organismus oder als Netzwerk, das durch Wechselwirkungen und Austauschbeziehungen zwischen einzelnen Lebewesen und ihrer Umwelt sowie zwischen organischer und anorganischer Welt strukturiert ist. Vor diesem Hintergrund lädt der vorliegende Band dazu ein, diesen Problemzusammenhang in seiner historischen Genese zu analysieren und mit dem beginnenden 19. Jahrhundert jenen Zeitraum in den Blick zu nehmen, in dem Aktualisierungen romantischer Wissensbestände erstmals eine bedeutsame Rolle für die Reflexion von Modernisierungsprozessen spielen. Seine These lautet, dass dieses neue Denken der Natur mit seinen neu aufkommenden oder neu interpretierten Konzepten von Umwelt, Atmosphäre oder Milieu in der Literatur Annette von Droste-Hülshoffs, deren Modernität längst außer Zweifel steht, wie in einem Brennglas zur Anschauung kommt.
Die Beiträge des vorliegenden Bandes gehen auf die Tagung „Mensch und Umwelt in der Literatur Annette von Droste-Hülshoffs und ihrer Zeit“ zurück, die im April 2019 in Mainz stattgefunden hat. Perspektivenreich in ihren Akzenten und methodischen Zugriffen fokussieren sie die Frage, wie in Annette von Droste-Hülshoffs Dichtung literarische Krisenreflexionen im Zeichen der Ökologie verhandelt und Mensch-Umwelt-Beziehungen neu gedacht werden. Die Aufmerksamkeit gilt der sozialanthropologischen Dimension von Natur in literarischen Milieukonstruktionen sowie der Mensch-Umwelt-Beziehungen in ihrer Gattungsspezifik und ihrer Spezifizierung der Ökologie als Haus-Logik. Analysiert werden Darstellungsverfahren von Klima und Milieu im Modus des satirischen Schreibens, im Rekurs auf zeitgenössisches Klimawissen oder auf die spekulative romantische Naturphilosophie, auf die Biologie, Psychologie und auf die Mitleidsethik der Tierphilosophie. Überdies stehen die methodischen Implikationen für die Bestimmung lyrischer Sprechinstanzen im Horizont von Idyllisierungen und Anthropomorphisierungen der Natur sowie metaphysische, theologische und politische Fragen zur Debatte, deren Dringlichkeit mit dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaften und der Transformation sozialer Milieus verbunden ist. Somit ist der Band auf zweifache Weise lesbar: als Neubestimmung des literarischen Werks einer Autorin, die als sprachmächtigste Stimme der deutschsprachigen Naturdichtung gilt, im Horizont des emerging fields der Environmental Humanities und als Beitrag zur Wissensgeschichte dieses neuen Forschungsfeldes.weiterlesen
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