Der „alte Jesuitenorden“ hat an verschiedenen Stellen im Raum des heutigen Niedersachsens während der Frühen Neuzeit durch einzelne Patres oder sogar durch die Einrichtung von Missionen und Residenzen mit mehreren Ordenspersonen gewirkt. So versuchten die Jesuiten während des Dreißigjährigen Krieges von 1629 bis 1631 in Stade, die Bevölkerung der Stadt vom lutherischen Glauben zum katholischen Bekenntnis zu transformieren. Fast einhundert Jahre später wurden 1712 einzelne Patres durch den Beichtvater des Kaisers in Wien nach Otterndorf an der Elbmündung gerufen, für die Soldaten der kaiserlichen Sequester-Verwaltung der Landschaft Hadeln (nach Aussterben der Lauenburgischen Askanier 1689) eine Seelsorge-Mission einzurichten. Sie betreuten dort bis 1731 auch katholische Arbeitsmigranten, die an verschiedenen Orten durch die Landesherrschaft privilegiert ihre Berufe ausübten. In diesem Jahr fiel die Landschaft Hadeln an die Hannoveraner und die kaiserlichen Soldaten verließen den Ort.
Diese Quellenedition bietet erstmalig den lateinischen Text und eine deutsche Übersetzung der Jahresberichte von Stade und Otterndorf. Die jeweiligen Texte wurden aus der Überlieferung des römischen Archivs der Jesuiten sowie aus den Beständen des Historischen Archivs der Stadt Köln zusammengestellt. Die Patres waren nämlich gehalten, jedes Jahr über ihre vielfältigen Tätigkeiten und Erlebnisse ihren Vorgesetzten, dem Provinzial der Niederrheinischen Ordensprovinz in Köln und auch dem Generaloberen nach Rom zu berichten. Die so entstandenen Jahresberichte (litterae annuae) wurden auf Lateinisch verfasst und zirkulierten in den verschiedenen Ordensniederlassungen der Provinz. Sie dienten der religiösen Erbauung, der wechselseitigen Information und dem kommunikativen Austausch innerhalb des Ordens. Die Leser nehmen so tiefe Einblicke in die gedankliche Welt der Patres, in ihr kulturelles und religiöses Wirken. Sie erfahren von manchen Konflikten in der lutherisch geprägten Mehrheitsgesellschaft. Thema werden auch Sturmfluten, Kriegszüge und andere Ereignisse vor Ort.weiterlesen