Mein Garten der vier Jahreszeiten
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Vor einigen Jahren bin ich mit meinem Garten aus der Hallertau in
den Bayerischen Wald gezogen. Der Abschied fiel mir nicht leicht, da
ich einiges an Gewohntem hinter mir lassen musste. Obwohl dieser
neue Platz, dieser Weiler im Bayerischen Wald mein Traum ist und mir
unendlich viel Kraft schenkt, mussten wir uns doch erst aneinander
gewöhnen. Mittlerweile ist dieser Garten, ist die Natur noch viel mehr
als früher der Mittelpunkt meines Lebens geworden – hier arbeite ich,
und hier lebe ich. Sehr viel spielt sich auf dieser Bergkuppe ab, in dem
kleinen Weiler, der noch umgeben ist von relativ ursprünglichen
Wiesen und Wäldern. Ich muss nicht mehr wie früher das Haus
verlassen und zur Arbeit fahren. Dadurch hat sich einiges verändert,
zumal sich mein Beruf, oder nennen wir es besser meine Berufung,
zum größten Teil in der Natur abspielt. Wenn man mit dem Fotoapparat
durch die Landschaft streift, zu Zeiten, wo die anderen
zumeist noch schlafen, entdeckt man so manches Kleinod, findet so
manchen Schatz, und labt sich an berauschenden Aussichten, für die
viele schon den Blick verloren haben. Sitze ich morgens bei Sonnenaufgang
auf meinem Hausberg, wenn vielleicht noch der Nebel aus
dem Tal aufsteigt, dann vergesse ich alle Probleme der Welt. Sie
scheinen angesichts der Pracht, die ich vor mir liegen habe, eher
unbedeutend, völlig nichtig. Ich habe das Gefühl, sie werden wieder
ins rechte Verhältnis gerückt – und ich nehme die Kraft mit nach
Hause und auch die Leichtigkeit, sie in Angriff zu nehmen. Der Berg,
der sich vor mir aufzutürmen schien, ist zu einem kleinen Hügel
geschrumpft und kann mich nicht mehr schrecken.
Hier oben lebt man mit der Natur und mit den Jahreszeiten, auch
im Garten. Der Winter im Bayerischen Wald ist noch ein richtiger
Winter, die Jahreszeiten grenzen sich deutlich voneinander ab, und
der Sommer ist viel zu kurz, um nur ihn im Garten zu verbringen. Ein
Garten bietet so viel mehr, wenn man sich auf ihn einlässt, auf das
Spiel mit der Natur. Er schenkt uns dann Kraft und Erholung, Freude
und auch Einsichten. Wenn ich von irgendwoher nach Hause komme,
gehe ich oft noch schnell durch meinen Garten und schaue, was es
da Neues gibt; ich genieße es dann einfach nur, für eine halbe Stunde
in meinem Garten zu sein.
Diese Gartenspaziergänge sind für mich die Glücksmomente beim
Gärtnern. Oft schon in den frühen Morgenstunden, mit einer Tasse
Kaffee oder Tee in der Hand, mache ich den ersten Rundgang durch
meinen Garten und erfreue mich an den ersten Sonnenstrahlen.
Die Ruhe und der noch vor mir liegende Tag mit all seinen Möglichkeiten
versetzen mich in eine euphorische Stimmung. Ich schlendere
durch den Garten, schaue mir die Veränderungen an, die von gestern
auf heute eingetreten sind; überlege, was ich heute tun werde, welche
Arbeiten erledigt werden müssen; entdecke die erste Pfingstrose, die
ihre Blüten geöffnet hat … mal sehen, ob die anderen auch schon
kommen, welche Pflanze noch anfängt zu blühen.
Überall entdeckt man jetzt etwas Neues. Dinge, die man beim
bloßen Vorübergehen nicht sehen würde; die einem verborgen
blieben, weil man sich keine Zeit nimmt, sie zu betrachten; sich nicht
die Zeit lässt, um für einen kurzen Moment innezuhalten und den
Augenblick wahrzunehmen. Wenn wir das schaffen, diese Momente
in unser Leben zu holen, dann verrät der Garten uns viel, dann „reden“
sogar die Pflanzen mit uns. Dann erzählen sie uns, wie es ihnen geht,
warum sie gerade jetzt von Blattläusen befallen werden und was wir
tun können. Dann sind die sogenannten Unkräuter vielleicht irgendwelche
Heilpflanzen, deren Wirkungen wir nicht mehr kennen, die wir
aber gerade jetzt brauchen, weil uns vielleicht ein Husten oder
sonstiges plagt.
Wir müssen nur zuhören, die Pflanzen beachten, achtvoll mit ihnen
umgehen, dann lassen sie uns an ihrer Weisheit teilhaben, dann
sind sie unsere Freunde und Helfer. Alte Kräuterfrauen werden es
bestätigen, in alten Kloster- und Heilpflanzenschriften ist es zu lesen:
Die Pflanzen, die wir für unsere Gesundheit brauchen, kommen zu uns
in den Garten, wachsen am Haus. Wir müssen sie nicht erst lange
suchen. Nur haben wir dieses alte Wissen längst vergessen und
beachten es gar nicht mehr; unsere Großmütter hätten uns vielleicht
noch davon erzählen können.Der Garten ist der Spiegel unserer Seele. Er zeigt uns, was funktioniert
in unserem Leben und was nicht. Und gerade das entdecken wir
bei unseren Gartenspaziergängen, wenn wir uns diesen Dingen
öffnen. In den Momenten, in denen wir fest im Leben, mit beiden
Beinen im Garten stehen und die Zeit und die Muße haben, im
Augenblick, in der Wirklichkeit zu sein. Wir brauchen dazu Ruhe und
Gelassenheit – im Stress, in der Hektik der Zeit gehen solche
Momente verloren. Wir hören dann ihr leises Klopfen an unserer Türe
im Getöse der Welt nicht mehr – obwohl wir es in solchen Augenblicken
wahrscheinlich am allernötigsten hätten. Aber nicht jeder Tag beginnt so beglückend, und nicht jeder
Gartenspaziergang schafft es, uns so in die Ruhe, in die Meditation
zu führen, wie wir das immer gerne hätten. Da ist der Alltag, sind
unsere Sorgen zu präsent, als dass wir uns ganz auf unseren Garten
einlassen könnten. Doch es gibt wieder andere Tage, andere Gartenspaziergänge,
an denen das möglich ist. Und das macht doch den Reiz
der ganzen Sache aus, dass ein Spaziergang durch den Garten nie
gleich ist, sich nicht wiederholt, sondern immer etwas Neues ist. Das liegt allein schon an der Jahreszeit, und an dem Wandel, dem ein
Garten unterworfen ist. Ein Garten ist Veränderung. Um ein altes
Sprichwort abzuwandeln: Nie betritt man den selben Garten ein
zweites Mal.
Durch diese Veränderungen, besonders im Verlauf der Jahreszeiten,
möchte ich Sie in diesem Buch führen. Es sind auch immer
Veränderungen in meinem Leben, Zeiten, in denen mich einige
Pflanzen auf besondere Art begleiten und mir Dinge erzählen, die
vielleicht nicht ganz alltäglich sind. Doch die mir immer helfen, die
mir erklären und verdeutlichen, wo es gerade brennt, und was zu tun
ist. Ich möchte Sie teilhaben lassen an meinen Spaziergängen, Ihnen
erzählen, was mir so durch den Kopf geht, was mein Garten, was
meine Pflanzen, aber auch die Tiere, die in ihm leben, mir zeigen,
worauf sie mich aufmerksam machen, wenn ich mich darauf
einlasse. So begeistert uns zum Beispiel ein Spaziergang im tief
verschneiten Wald bei Minusgraden und Sonnenschein immer
wieder. Wenn die Schneekristalle glitzern und der Schnee unter
unseren Füßen knirscht, genießen wir es meist mehr, als wenn wir
an derselben Stelle im Hochsommer entlang wandern. Der Winterwald
mit Eiszapfen und verschneiten Tannenspitzen verzaubert uns,
lässt uns an vergangene Winterfreuden denken. Wir genießen die
Momente an der frischen Luft. Nur im Garten, da entziehen wir uns
diesem Reiz. Ihn legen wir für eine geraume Zeit zu den Akten.
Vergessen ihn einfach, oder erinnern uns bestenfalls noch an seine
Fülle im Sommer. Warum beachten wir den Ort, den Platz, an dem
wir im Sommer so viele Stunden verbringen, im Winter fast gar
nicht? Wieso kehren wir ihm für einige Monate den Rücken? Wir
durchqueren ihn achtlos. Dabei ist doch zum Beispiel der Vorgarten
derjenige, der uns am Morgen, wenn wir zur Arbeit gehen, als letzter
hinterherwinkt, und uns abends als erster wieder begrüßt. Wieso
muss er dann so viele Monate ein Schattendasein fristen, gerät so
lange in Vergessenheit? Erst die Schneeglöckchen, wenn überhaupt
vorhanden, können uns im Frühling ein Lächeln entlocken.
Doch ein Garten bietet soviel mehr, als nur die paar Monate
Blütenfülle im Frühling und Sommer. Räumen wir ihn im Herbst
nicht bis auf den letzten Halm akribisch leer, sondern lassen Gräser
und Stauden stehen, dann ergeben sich im Winter bei Raureif und Schnee wunderschöne Bilder. Zusammen mit einigen dezent verteilten
Immergrünen – Buchs, Wacholder oder Eibe – bilden sie das
Grundgerüst des Gartens. Auch Winterschutz kann attraktiv sein,
wenn man statt Vlies oder Noppenfolie Jute und Schilfmatten bzw.
Tannenreisig verwendet. Außerdem gibt es viele Gehölze mit einer
attraktiven Rinde, die im Winter, wenn das Laub fehlt, besonders zur
Geltung kommen. Da wären zum Beispiel einige Birken zu nennen
oder der Schlangenhautahorn (Acer capillipes), aber auch der sibirische
Hartriegel (Cornus sibirica), der durch seine rot gefärbten Äste
auffällt. Werden diese geschickt platziert, sodass sie ins Auge fallen,
sorgen sie auch im Winter für einen spannenden Garten. Doch wir
vergessen unseren Garten um diese Jahreszeit, streichen ihn aus
unseren Gedanken und blenden ihn aus unserer Wahrnehmung aus.
Er jedoch würde uns so viel geben, würde uns das ganze Jahr über
Garten schenken, wenn wir ihn lassen würden, ihm eine klitzekleine
Chance geben würden. Er würde es uns mit traumhaften Ansichten
und atemberaubenden Momenten danken!weiterlesen
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