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Mein Lächeln für Sibirien

Kindheitserinnerungen einer Russlanddeutschen

Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)

Über 50 Jahre ist es her: Die Deutsche Wehrmacht überfällt die Sowjetunion. Wutentbrannt startet Stalin daraufhin einen Rachefeldzug an allen Deutschen. Was mit der späteren Teilung und mit der jahrzehntelangen Besatzung Deutschlands endet, beginnt mit der schonungslosen Enteignung, Verbannung und Diffamierung der deutschstämmigen Bevölkerung in Rußland. Über Nacht müssen rund 2 Mio Rußlanddeutsche ihre Heimat an der Wolga räumen und nach Sibirien ziehen. Trostlose Barackenunterkünfte, Zwangsarbeit, Kälte, Hunger, unaufhörliche Schikanen - das ist fortan ihr Schicksal. Auch Ilona Walger, die Autorin dieses Buches, zählt zu den Betroffenen. Obwohl noch im Vorschulalter, wird sie mit dem vollen Ausmaß der stalinistischen Grausamkeiten konfrontiert. Schritt für Schritt durchläuft sie jenes deutschfeindliche System, erfährt immer neue Zurücksetzungen und lernt bald, sich gegen Lehrer und Mitschüler zur Wehr zu setzen. Und: Schon in ihren frühen Jugendjahren beginnt sie, ein Tagebuch zu führen, dem sie ihren Kummer anvertraut. Anfang der neunziger Jahre, unter Glastnost und Perestroika, kann sie endlich Rußland verlassen. Sie siedelt nach Deutschland über, wo sie in Bielefeld ein neues, erfolgreiches Leben anfängt und mit der Promotion im Fach Biologie in einer großen Firma eine leitende Stellung einnehmen kann. Sechs Jahre später ist die 1939 in Marxstadt geborene Rußlanddeutsche endlich soweit, daß sie den ersten Teil ihrer Tagebuchaufzeichnungen veröffentlichen kann. Und egal, welche Beklommenheit aus ihren Schilderungen spricht, hat Ilona Walger doch immer wieder ein Lächeln für dieses riesige, kalte und doch trotzdem so faszinierend schöne Land Sibirien. Textprobe: Ich war acht Jahre alt, klein von Wuchs, schmächtig und ungelenk. Ich sah so elend aus, als wollte das Leben von mir Abschied nehmen. Hunger blickte aus meinen Augen. Ich hatte nur einen sehnlichen Wunsch: mich ein für allemal richtig sattzuessen! Ich träumte von frischgebackenem Weißbrot und frischgemolkener Milch, die den Duft des gesunden Lebens verbreitete, warm war und leicht süßlich schmeckte. Aber Träume sind Schäume, und die Wahrheit ist oft gemein. Im November 1947 herrschte klirrende Kälte, die sibirische Erde war seit Wochen mit einem großen Schneeteppich überzogen: Sibirien in seiner gewaltigen Pracht! Ein endlos scheinendes, ein herrliches, aber auch ein furchtbares Land. Unsere neue Heimat. Der Himmel lag über dem Land wie ein Zinndeckel über einer altmodischen Servierplatte, die Erde tief gefroren, wir hatten 35 Grad minus. An einem solchen Novembertag klopfte jemand leise an unsere Tür. Mein Bruder Heinzi und ich waren allein zu Hause. Mutter war für ein paar Tage ins nächste Dorf gegangen, um für uns etwas Eßbares zu verdienen. Sie war eine hervorragende Schneiderin. Sie hatte uns streng befohlen, ja niemandem die Tür aufzumachen. Von wegen der Einbrecher, mit denen nun auch wir schon Bekanntschaft hatten machen müssen. "Wer ist da?" Ich hatte Angst. Doch von der Tür hörte ich eine vertrauenerweckende Stimme: "Mach auf, ich bin dein Vater." "Nein, nein! Mein Vater ist in der Trudarmee, von dort kommt niemand zurück." Es blieb still. Der Mann war von diesen Worten wahrscheinlich verblüfft, sagte aber weiter: "Ich habe Brot und Zucker mitgebracht."weiterlesen

Sprache(n): Deutsch

ISBN: 978-3-9803959-3-9 / 978-3980395939 / 9783980395939

Verlag: firstminute

Erscheinungsdatum: 30.11.1995

Seiten: 125

Autor(en): Ilona Walger
Vorwort von Hagen Lehmann

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